GmbH-Recht | Kündigungsschutz im Anstellungsvertrag des Geschäftsführers (BGH)
Im Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH kann vereinbart werden, dass die materiellen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) zu Gunsten des Organmitglieds gelten sollen. In einem solchen Fall ist durch Auslegung des Vertrages festzustellen, ob sich die Gesellschaft in Anlehnung an §§ 9 f. KSchG gegen Abfindung aus dem Vertrag lösen kann ().
Hintergrund: Arbeitgeber, die mehr als zehn Vollzeit-Mitarbeiter haben, können einem Arbeitnehmer nach sechs Monaten Beschäftigungszeit nur kündigen, wenn betriebs-, verhaltens- oder personenbedingte Gründe vorliegen (§ 1 Abs. 1 und 2 KSchG). Geschäftsführer sind keine Arbeitnehmer i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes, so dass die Arbeitsgerichte bei Streitigkeiten über die Fortsetzung des Anstellungsvertrages nicht zuständig sind. Der gesetzliche Kündigungsschutz gilt auch nicht für den Fremd-Geschäftsführer.
Streitfall: Der Geschäftsführer einer GmbH vereinbarte mit der GmbH zur Dauer des Geschäftsführerdienstvertrags Folgendes: „Der Vertrag kann mit einer Kündigungsfrist von neun Monaten zum Quartalsende gekündigt werden. Für die Kündigung gelten im Übrigen zugunsten des Geschäftsführers die Bestimmungen des deutschen Kündigungsschutzrechts für Angestellte. Das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrages aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften bleibt unberührt." Nachdem es in Zusammenhang mit der Bestellung eines Mitgeschäftsführers zu Unstimmigkeiten gekommen war, berief die GmbH den Geschäftsführer ab und kündigte den Anstellungsvertrag fristlos und zudem fristgerecht.
Hierzu führte der BGH weiter aus: Vertragspartner können auch bei einem freien Dienstvertrag vereinbaren, dass arbeitsrechtliche Regeln gelten sollen. Voraussetzung ist nur, dass dadurch die Organstellung des Geschäftsführers nicht ausgeweitet wird. Die Gesellschafter müssen immer die Möglichkeit haben, den Geschäftsführer als Organ abzuberufen. Daran sind sie nicht gehindert, auch wenn sie im Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer Kündigungsschutz vereinbaren. Organ- und Anstellungsverhältnis sind nach dem der Regelung des § 38 Abs. 1 GmbHG zu entnehmenden Trennungsgrundsatz in ihrem Bestand unabhängig voneinander. Das Kündigungsschutzgesetz selbst enthält kein Verbot der Anwendung für den GmbH-Geschäftführer. Der Umfang des Kündigungsschutzes für den GmbH-Geschäftsführer ergibt sich aus der vertraglichen Abrede. Ob die GmbH insgesamt mehr als zehn Mitarbeiter hat, spielt keine Rolle, wenn im Anstellungsvertrag klar zum Ausdruck kommt, dass der Kündigungsschutz wie bei Arbeitnehmern geltend soll.
Anmerkung: Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Streitfall muss das OLG prüfen, inwieweit aus Sicht der GmbH ein verhaltensbedingter Grund für die Kündigung vorgelegen hat. Der BGH hat zudem bejaht, dass auch ein Zivilgericht auf Antrag den Anstellungsvertrag gegen Abfindung auflösen kann (§ 14 Abs. 2 Satz 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG).
Quelle: BGH online
Fundstelle(n):
UAAAF-15284