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Online-Nachricht - Mittwoch, 30.06.2010

Schenkungsteuer | Zinslose Stundung eines nicht geltend gemachten Pflichtteils steuerfrei (BFH)

Stundet der Schlusserbe seinen Pflichtteil per Vertrag dem überlebenden Elternteil bis zu dessen Tod zinslos, unterliegt diese Stundung nicht der Schenkungsteuer (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Die Klägerin war, per Testament eingesetzte, Schlusserbin ihrer Eltern. Sie stundete im Hinblick darauf durch notariell beurkundeten Vertrag den ihr nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils zustehenden Pflichtteilsanspruch dem überlebenden Elternteil gegenüber bis zu dessen Tod. Nachdem zunächst der Vater und dann die Mutter verstorben waren, sah das Finanzamt in der zinslosen Stundung des der Klägerin nach dem Tod des Vaters zustehenden Pflichtteilsanspruchs eine freigebige Zuwendung der Klägerin an ihre Mutter und setzte dafür Schenkungsteuer fest.

Dazu führt der BFH weiter aus: Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Erforderlich hierfür ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Beschenkten. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann nicht damit begründet werden, dass die Klägerin auf einen ihr kraft Gesetzes zustehenden Zinsanspruch verzichtet habe. Ein gesetzlicher Anspruch auf Verzinsung des Pflichtteilsanspruchs besteht nämlich nur bei Verzug (§ 288 BGB) und Rechtshängigkeit (§ 291 BGB) sowie bei einer Stundung nach § 2331a BGB. Eine freigebige Zuwendung liegt auch nicht darin, dass die Klägerin beim Abschluss des Vertrags vom nicht die Vereinbarung einer Verzinsung des gestundeten Pflichtteilsanspruchs gefordert hat. Macht der Pflichtteilsberechtigte das vorübergehende Nichtgeltendmachen des Pflichtteilsanspruchs nicht von einer Verzinsung abhängig, liegt keine freigebige Zuwendung vor. Dies ergibt sich aus der Behandlung des nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs durch das ErbStG. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen u.a. der Erwerb aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs. Die Erbschaftsteuer dafür entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs. Dem bloßen Entstehen des Anspruchs mit dem Erbfall kommt erbschaftsteuerrechtlich noch keine Bedeutung zu. Dieses zeitliche Hinausschieben der erbschaftsteuerrechtlichen Folgen eines Pflichtteilsanspruchs ist im Interesse des Berechtigten geschehen und soll ausschließen, dass bei ihm auch dann Erbschaftsteuer anfällt, wenn er seinen Anspruch zunächst oder dauerhaft nicht erhebt. Damit korrespondierend kann der Erbe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 ErbStG vom Wert des gesamten Vermögensanfalls ebenfalls nur die Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen abziehen. Das bloße Bestehen von Pflichtteilsverbindlichkeiten ist auch insoweit ohne steuerrechtliche Bedeutung. Der Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs bleibt nach § 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG steuerfrei.

Quelle: BFH online

Anmerkung der NWB-Redaktion: Grundlage für die Beurteilung ist, dass erbschaftsteuerlich ein Pflichtteilsanspruch erst (als Erwerb und Nachlassverbindlichkeit) berücksichtigt wird, wenn er ausdrücklich geltend gemacht wird. Die Klägerin hatte durch notariell beurkundeten Vertrag den ihr nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils zustehenden Pflichtteilsanspruch gegenüber dem überlebenden Elternteil bis zu dessen Tod gestundet. Der BFH sah in dieser Stundung noch keine Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tode des zuerst versterbenden Elternteils. Offen blieb, ob eine Schenkung entstehen kann, wenn ein bereits geltend gemachter Pflichtteilsanspruch unverzinslich gestundet wird (umstritten). In der Praxis ist unter wirtschaftlichen und steuerlichen Aspekten sorgfältig zu bedenken, ob und wann ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werden soll.

 

Fundstelle(n):
FAAAF-15211