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Online-Nachricht - Mittwoch, 09.06.2010

Kindergeld | Unterricht in Erfüllung der Schulpflicht zählt zur Berufsausbildung (BFH)

Nimmt ein Kind am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht teil, gehört dies zur Berufsausbildung und berechtigt die Eltern zum Kindergeldbezug, auch wenn der Unterricht zehn oder weniger Wochenstunden umfasst (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Der im September 1985 geborene Sohn (S) des Klägers besuchte im Schuljahr 2003/2004 die Jungarbeiterklasse einer Staatlichen Berufsschule. Die Unterrichtszeit betrug acht (Schul-)Stunden pro Woche. Im Oktober 2004 begann er mit einer berufsvorbereitenden Maßnahme. Die beklagte Familienkasse lehnte eine Festsetzung Kindergeld für die Monate Oktober 2003 bis Juli 2004 mit der Begründung ab, der Besuch der Jungarbeiterklasse stelle keine Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 des EStG dar.

Dazu führt das Gericht weiter aus: In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom NWB TAAAD-25933). Zur Berufsausbildung in diesem Sinne gehört auch die Schulausbildung, an der das Kind teilnimmt, um der Schulpflicht nachzukommen.Die

Grundsätze, die der BFH für die Anerkennung eines Sprachschulunterrichts im Rahmen eines Au-pair-Aufenthaltes als Berufsausbildung aufgestellt hat (BFH-Beschluss vom NWB OAAAC-18558), finden auf die Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht keine Anwendung. Denn anders als bei einem Sprachunterricht im Rahmen eines Au-pair-Aufenthaltes, der auf einem freiwilligen Entschluss des Kindes beruht, ist das Kind zur Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht verpflichtet.

Quelle: BFH online

Anmerkung der NWB-Redaktion: Das Urteil überzeugt mit seinem formalistischen Ansatz, Erfüllung der Schulpflicht gleich Berufsausbildung, nicht unbedingt. Die sog. Jungarbeiterklassen sind eine süddeutsche Besonderheit. Es handelt sich um eine Form der Beschulung schulpflichtiger Jugendlicher an Regel(berufs)schulen in Baden-Württemberg und Bayern. In diese Klassen werden typischerweise Jugendliche geschickt, die keine Ausbildung aufgenommen und sich auch nicht für eine andere Form von beruflicher Beschulung angemeldet haben, aber noch berufsschulpflichtig sind. Diese Jugendlichen nehmen dann in der Regel an einem Tag in der Woche am Schulunterricht teil, erwerben dadurch aber keinerlei Qualifikation. Ziel der Jungarbeiterklassen ist daher nur, dass die Schüler ihrer Schulpflicht genügen. Ob diese Zielsetzung noch als Maßnahme zu bezeichnen ist, durch die "erst das für den Beruf typische Können  … erworben werden soll" (BTDrucks. V/3439, 8), muss bezweifelt werden.

 

Fundstelle(n):
DAAAF-15093