Einkommensteuer | Abzug von Unterhaltsaufwendungen für ein behindertes Kind (BFH)
Der BFH hat entschieden, dass ein schwerbehindertes Kind, das seinen Grundbedarf und behinderungsbedingten Mehrbedarf nicht selbst zu decken in der Lage ist, ein zur Altersvorsorge gebildetes Vermögen nicht vor der Inanspruchnahme elterlichen Unterhalts verwerten muss. Die Eltern können die Unterhaltsaufwendungen deshalb als außergewöhnliche Belastungen bei ihrer Einkommensteuerfestsetzung abziehen (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Im Streitfall ging es um den Abzug von Unterhaltskosten für ein seit Geburt schwerbehindertes Kind, das aufgrund einer Schenkung Eigentümer eines Mehrfamilienhauses ist. Das Kind war im Streitjahr in einer sozialtherapeutischen Hofgemeinschaft untergebracht und ging in einer angeschlossenen Behindertenwerkstatt einer Tätigkeit nach. Die Kläger machten Aufwendungen für die Unterbringung und den Werkstattbesuch ihrer Tochter als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend. Das Finanzamt lehnte den Antrag der Eltern, die Kosten als außergewöhnliche Belastung in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen, mit Verweis auf das Vermögen der Tochter ab.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Ein volljähriges Kind ist grds. verpflichtet, vorrangig seinen Vermögensstamm zu verwerten, bevor es seine Eltern auf Unterhalt in Anspruch nimmt. Dies folgt im Umkehrschluss aus § 1602 Abs. 2 BGB. Der Grundsatz kommt jedoch nicht zur Anwendung, wenn die Vermögensverwertung im Einzelfall unzumutbar ist. Inwieweit das Vermögen einzusetzen ist, muss daher jeweils aufgrund einer Zumutbarkeitsabwägung unter Berücksichtigung aller bedeutsamen Umstände und insbesondere auch der Lage der Unterhaltsverpflichteten entschieden werden. Nach diesen Grundsätzen dürfen schwerbehinderte volljährige Kinder, die ihren angemessenen Bedarf nicht selbst decken können und bei denen ungewiss ist, ob ihr Unterhaltsbedarf im Alter durch Unterhaltsleistungen der Eltern gedeckt werden kann, maßvoll Vermögen bilden; eine als Altersvorsorge dienende vermietete Eigentumswohnung braucht deshalb nicht vor der Inanspruchnahme elterlichen Unterhalts verwertet zu werden. Nach diesen Grundsätzen konnte auch der schwerbehinderten Tochter der Kläger die Veräußerung des Grundstücks nicht zugemutet werden, da sie hierauf zur Altersvorsorge und zur Abdeckung ihres weiteren lebenslangen behinderungsbedingten Mehrbedarfs angewiesen war (; NWB HAAAD-17957).
Anmerkung: Der BFH wies auch darauf hin, dass die das eigene Vermögen des Unterhaltsempfängers betreffende Bestimmung des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG im Rahmen des § 33 EStG nicht ergänzend zur Anwendung kommt. § 33a EStG stellt gegenüber der allgemeinen Regelung des § 33 EStG eine Sondervorschrift dar. Das bedeutet auch, dass die in § 33a EStG enthaltenen Sonderbestimmungen nicht auf die Generalklausel des § 33 EStG ausgedehnt werden dürfen (Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33a EStG Rz. 10). Die Sache war jedoch nicht spruchreif. Das Finanzgericht hatte bisher keine Feststellungen zur Höhe der nach § 33 EStG abziehbaren Aufwendungen gemacht. Zum Verhältnis dieser Aufwendungen zum Behinderten-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 3 EStG) wies der BFH darauf hin, dass im Fall der Übertragung dieses Pauschbetrags (§ 33b Abs. 5 EStG) der Steuerpflichtige Aufwendungen für sein behindertes Kind zusätzlich abziehen kann, weil der Pauschbetrag nur Aufwendungen des Kindes abgilt (entgegen NWB SAAAA-81504). Im Übrigen wird im Rahmen des § 33 EStG die zumutbare Eigenbelastung der Eltern (§ 33 Abs. 3 EStG) zu beachten sein.
Quelle: BFH online
Hinweis: Neben dem Abzug von laufendem Unterhalt nach § 33a Abs. 1 EStG ist ein Abzug von besonderem Unterhaltsbedarf nach § 33 EStG in Ausnahmefällen möglich. § 33a Abs. 4 EStG schließt die Anwendung des § 33 EStG nicht aus, wenn einem Steuerpflichtigen durch außergewöhnliche Umstände zusätzliche, durch die Pauschalregelungen des § 33a Abs. 1 u. 2 EStG nicht abgegoltene besondere Aufwendungen entstehen. Das kann insbesondere bei Krankheitskosten der Fall sein, auch wenn diese einem unterhaltspflichtigen Dritten entstehen (vgl. NWB QAAAA-94411).
Fundstelle(n):
UAAAF-14957