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Online-Nachricht - Mittwoch, 12.05.2010

Einkommensteuer | Verlustrücktrag aus einem verjährten Verlustentstehungsjahr (BFH)

Im Verlustentstehungsjahr nicht ausgeglichene Verluste sind in einen vorangegangenen, nicht festsetzungsverjährten Veranlagungszeitraum auch dann zurückzutragen, wenn für das Verlustentstehungsjahr selbst bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Das Finanzamt rügt die Verletzung des § 10d Abs. 1 EStG in der für das Streitjahr 1995 geltenden Fassung. Ein Verlustrücktrag komme nicht in Betracht, wenn für das Verlustentstehungsjahr Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Hätte der Gesetzgeber einen Verlust auch in diesem Fall zurücktragen wollen, hätte er dies - wie für den umgekehrten Fall mit der Vorschrift des § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG - ausdrücklich geregelt. 
 Hintergrund: Nach § 10d Abs. 1 EStG 1995 sind Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, in bestimmten, hier nicht maßgeblichen Grenzen, wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum (VZ) vorangegangenen VZ abzuziehen; soweit ein Abzug danach nicht möglich ist - hier wegen Festsetzungsverjährung des Jahres 1994 -, sind sie vom Gesamtbetrag der Einkünfte des ersten dem VZ vorangegangenen VZ - hier 1995 - abzuziehen. Sind für die vorangegangenen VZ bereits Steuerbescheide erlassen worden, so sind sie insoweit zu ändern, als der Verlustabzug zu gewähren oder zu berichtigen ist. Das gilt auch dann, wenn die Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; die Verjährungsfristen enden insoweit nicht, bevor die Verjährungsfrist für den VZ abgelaufen ist, in dem Verluste nicht ausgeglichen werden.  
Hierzu führt der BFH weiter aus: Die Voraussetzungen für den Verlustrücktrag im Streitjahr 1995 liegen vor.  Der Verlustrücktrag scheitert im Streitjahr nicht daran, dass für den VZ der Verlustentstehung (1996) bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Der Verlustrücktrag ist unabhängig von dem in der Steuerfestsetzung des Verlustentstehungsjahres ausgewiesenen Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG in zutreffender Höhe durchzuführen. Denn über Grund und Höhe des rücktragbaren Verlusts wird nicht im Entstehungsjahr, sondern in dem Jahr entschieden, in dem sich der Verlustrücktrag steuerrechtlich auswirkt. Deshalb steht einem Verlustrücktrag die Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Verlustentstehungsjahr ebenso wenig entgegen wie die Festsetzungsverjährung (§§ 169 bis 171 AO) dieses Jahres. Die Bestandskraft erfasst nur den festgesetzten Steuerbetrag, nicht indes die Besteuerungsgrundlagen. Dasselbe gilt für die Verjährung. Nach § 47 AO erlischt durch Verjährung der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis. Das ist nach § 37 Abs. 1 AO der Steueranspruch und damit - bezogen auf die hier gegebene Konstellation - die im Verlustentstehungsjahr festgesetzte Einkommensteuer. Demgegenüber bilden die "Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden" (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG) nur eine Ausgangsgröße (Besteuerungsgrundlage i.S. des § 157 Abs. 2 AO) für die Ermittlung des in anderen VZ wirksam werdenden Verlustabzugs.
Quelle: BFH online
Anmerkung: Der Verlustrücktrag in das Jahr 1995 war für den Kläger interessant, weil seine Steuerbelastung in diesem Jahr wegen einer Abfindungszahlung besonders hoch war. Ein Verlustvortrag, der sich nach Maßgabe des Wahlrechts in § 10d Abs. 1 Satz  4 und 5 EStG 1996 angeboten hätte, wäre kaum so vorteilhaft gewesen, weil die Steuerbelastung ab dem VZ 1996 durch kontinuierliche Erhöhungen des Grundfreibetrags gemindert wurde.
 

 

Fundstelle(n):
MAAAF-14912