Abgabenordnung | Keine Anlaufhemmung bei verspäteter Wahl der getrennten Veranlagung (BFH)
Der BFH hat klargestellt, dass ein nach Eintritt der Festsetzungsverjährung gestellter Antrag auf getrennte Veranlagung keine anlaufhemmende Wirkung mehr entfalten kann. Aus den Vorschriften über die Festsetzungsverjährung ergibt sich eine zeitliche Grenze für Erklärungen, die den Beginn der Festsetzungsfrist beeinflussen (; nv).
Sachverhalt: Der Kläger und seine verstorbene Ehefrau begehren die Durchführung getrennter Einkommensteuerveranlagungen mit dem Ziel der Anrechnung einbehaltener Kapitalertragsteuer (Zinsabschlag).
Hintergrund: Ein Recht zur Wahl der getrennten Veranlagung nach § 25 Abs. 3 Satz 3 EStG besteht nicht mehr, wenn wegen eingetretener Festsetzungsverjährung eine Steuerfestsetzung ausscheidet. Die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Abweichend hiervon beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, eingereicht wird (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Der Anlauf der Festsetzungsfrist war im Streitfall nicht nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gehemmt, weil keine Steuererklärung einzureichen war. Wegen der unstreitig geringen Höhe der Einkünfte traf den Kläger und seine verstorbene Ehefrau im Streitfall keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung zwecks einer Zusammenveranlagung, weil insoweit die Beschränkung der Steuererklärungspflicht gemäß § 56 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStDV eingriff. Innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist ab Entstehung der Steuer haben der Kläger und seine verstorbene Ehefrau keine Wahl der getrennten Veranlagung getroffen, sodass in diesem Zeitraum keine Erklärungspflicht wegen getrennter Veranlagung bestand. Der Kläger und seine verstorbene Ehefrau sind auch nicht gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 AO zur Erklärungsabgabe aufgefordert worden, sodass eine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ebenfalls ausscheidet. Da es somit an einem Grund für eine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO - wie auch für eine Ablaufhemmung nach § 171 AO - fehlte, trat mit Ablauf der vom FG für alle Streitjahre jeweils zutreffend berechneten Frist Festsetzungsverjährung ein. Der erst danach gestellte Antrag, getrennte Veranlagungen durchzuführen, konnte keine anlaufhemmende Wirkung mehr entfalten, weil sich aus § 169 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 AO eine zeitliche Grenze für Erklärungen ergibt, die den Beginn der Festsetzungsfrist beeinflussen (vgl. zur verspäteten Aufforderung zur Erklärungsabgabe NWB LAAAA-88822, m.w.N.). Erst recht gilt dies für die nachträgliche, freiwillige Abgabe von Steuererklärungen.
Quelle: NWB-Datenbank
Fundstelle(n):
QAAAF-14899