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Online-Nachricht - Mittwoch, 17.02.2010

Geschäftswert | Kundenstamm als persönliche Eigenschaft des Unternehmers? (BFH)

Werden "Kundenstamm und Know-how im Hinblick auf die Lieferanten" vom Einzelunternehmen an eine neu gegründete, die Geschäfte fortführende GmbH verpachtet, so kann dies steuerlich anzuerkennen sein, wenn es sich beim Kundenstamm und Know-how nicht um den Geschäftswert handelt, sondern um ein oder mehrere immaterielle Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens, die selbständig übertragen werden können (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Der Geschäfts- oder Firmenwert ist der Mehrwert, der einem gewerblichen Unternehmen über den Substanzwert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter abzüglich der Schulden hinaus innewohnt. Er ist Ausdruck der Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit diese nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern oder der Person des Unternehmers verkörpert sind, sondern durch den Betrieb eines lebenden Unternehmens (z.B. Ruf, Kundenkreis, Organisation, usw.) gewährleistet erscheinen (BFH-Urteile vom NWB KAAAA-95664,  und vom NWB NAAAA-96781). Der Geschäftswert ist grundsätzlich mit dem Betrieb verwoben und kann daher weder separat veräußert noch entnommen werden. Abgesehen von Sonderfällen wie z.B. der Begründung einer Betriebsaufspaltung oder der Realteilung folgt der Geschäftswert dem übertragenen Betrieb und kann nur mit diesem erworben werden (BFH, Urteil v. NWB WAAAA-89060).

Sachverhalt: Der Kläger betrieb einen Großhandel mit Landprodukten. Zum veräußerte der Kläger das bestehende Anlagevermögen und den bei Dritten lagernden Warenbestand an eine von ihm am gegründete GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er wurde. Die GmbH setzte die Geschäfte des Einzelunternehmens fort. Der Kläger meldete das Gewerbe des Einzelunternehmens ab, erklärte aber keine Betriebsaufgabe. Der Veräußerungspreis entsprach den Buchwerten des Einzelunternehmens. Die "Nutzung des Kundenstamms und das Know-how im Hinblick auf die Lieferanten" des Einzelunternehmens wurden der GmbH nach einem "Nutzungsüberlassungsvertrag" vom bis zum für halbjährlich 35.470,80 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer überlassen, die erstmalig zum zu zahlen waren. Danach sollte sich der Vertrag um jeweils fünf Jahre verlängern, wenn er nicht gekündigt würde. Die GmbH hatte den "Vertragsgegenstand" nach Vertragsablauf zurückzugeben. Das beklagte Finanzamt (FA) vertrat die Auffassung, das Einzelunternehmen sei zum aufgegeben worden. In den Aufgabegewinn sei ein - nach der so genannten indirekten Methode ermittelter - Firmenwert in Höhe von 400.000 DM einzubeziehen, der sich aus dem Wissen um die Geschäftschancen, dem Kundenstamm, Lieferantenbeziehungen und den Erfahrungen des Klägers zusammensetze. Der Einkommensteuerbescheid für 1997 wurde dementsprechend geändert.

Dazu führt der BFH weiter aus: Auch personenbezogene Gewerbebetriebe wie Friseurbetriebe oder Apotheken können einen Geschäftswert aufweisen. Soweit die Gewinne aber von der Person des Unternehmers abhängen und nicht von Eigenschaften des Unternehmens wie seinem Ruf, dem Kundenkreis oder seiner Organisation, fehlt es an einem Geschäftswert, denn ein gedachter Erwerber des Betriebes würde die persönliche Leistung des veräußernden Unternehmers nicht im Rahmen des Kaufpreises für das Unternehmen entgelten.

Im Streitfall lässt sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen, ob der von ihm als einzige wesentliche Geschäftsgrundlage angesehene "Kundenstamm und ... Know-how im Hinblick auf die Lieferanten" dem Unternehmen als solchem oder lediglich der Person des Klägers anhaftete. Nach Aktenlage ist weder ersichtlich, dass ein für die Kundenbeziehungen - z.B. aufgrund seiner Lage oder seiner besonderen Gestaltung - bedeutsames Geschäftslokal unterhalten wurde noch dass die Kunden zu dem Unternehmen z.B. wegen dessen Firma oder seiner Historie Geschäftsbeziehungen unterhielten. Angesichts der relativ geringen Aufwendungen für Löhne und Gehälter erscheint es als möglich, dass der Erfolg des Einzelunternehmens auch nicht von der Mitarbeit qualifizierten Personals abhing, sondern (vollständig oder zu einem großen Teil) von den Kenntnissen des Klägers und seinen persönlichen Beziehungen zu den Kunden. Eine Bindung von Kunden an die Person des Unternehmers statt an das Unternehmen kommt ausnahmsweise auch bei Handelsunternehmen in Betracht, wenn nur der Unternehmer nach außen in Erscheinung tritt und den Mitarbeitern, der Betriebsorganisation oder - wie z.B. bei Einzelhandelsgeschäften oder ortsgebundenen Dienstleistern - der Lage des Betriebes keine wesentliche Bedeutung für den betrieblichen Erfolg zukommt. Der Geschäftswert des Einzelunternehmens könnte daher auch einen geringeren Wert als die bislang angesetzten 400.000 DM gehabt oder vollständig gefehlt haben.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG muss im zweiten Rechtsgang nochmals prüfen, ob das Einzelunternehmen über einen Geschäftswert verfügte und welchen Wert dieser hatte.

Quelle: BFH online

Anmerkung: Der Kläger hat mit seiner Revision beim BFH zwar Erfolg gehabt, dieser Sieg könnte sich aber als Pyrrhussieg erweisen, wenn das FG, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde, nicht von einer Betriebsaufgabe des Einzelunternehmens, sondern von einer eher naheliegenden Betriebsaufspaltung mit der neugegründeten GmbH ausgeht. In diesem Fall wäre kein tarifbegünstigter Aufgabegewinn sondern ein laufender Gewinn aus der Entnahme des Geschäftswert zu versteuern.

 

Fundstelle(n):
RAAAF-14287