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Online-Nachricht - Dienstag, 01.12.2009

Halbeinkünfteverfahren | Gesetzeslücke bei der Einführung (FG)

Nach einem Urteil des FG Düsseldorf besteht eine Gesetzeslücke, die es erlaubte, im Jahr 2000 die Anschaffungskosten von Aktien in voller Höhe als Betriebsausgaben abzusetzen ().


Dies gilt auch dann, wenn im Jahr 2001 - nach Einführung des sogenannten Halbeinkünfteverfahrens - die Veräußerungserlöse nur zur Hälfte als Betriebseinnahmen versteuert wurden.

Sachverhalt: Die Kläger gründeten 1997 eine GbR, die die Verwaltung des eigenen Vermögens der Gesellschaft zum Zweck hatte. Das Wirtschaftsjahr der GbR entsprach dem Kalenderjahr. Die Gesellschaft ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG alter Fassung (a.F.). Die Gesellschaft führte keine Bücher und machte keine Abschlüsse im Sinne von § 4 Abs. 3 EStG


Die Gesellschaft erwarb mit dem ihr zur Verfügung gestellten Kapital Aktien, die jeweils nur kurzfristig gehalten wurden. Sämtliche Aktien wurden innerhalb eines Jahres nach Ankauf wieder veräußert. Im Kalenderjahr 2000 erwarb die Gesellschaft verschiedene Aktien ausländischer Aktiengesellschaften. Diese Aktien wurden im Jahre 2001 von der Gesellschaft wieder veräußert. Die GbR behandelte die Anschaffungskosten der Aktien in der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG in voller Höhe als Betriebsausgaben. Die Verkaufserlöse im Jahr 2001 erfasste und erklärte die Gesellschaft in Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens zur Hälfte.

Das Finanzamt erkannte die Anschaffungskosten für die Aktien nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben an. Diese Ausgaben stünden in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Betriebseinnahmen des Jahres 2001, so dass § 3 c EStG in der alten, für den Veranlagungszeitraum 2000 gültigen Fassung auf die Betriebsausgaben des Jahres 2000 anzuwenden sei. Das Finanzamt erhöhte deshalb die Einkünfte für 2000 in entsprechender Höhe. 

Dazu führt das Gericht weiter aus: Das Finanzamt hat sich zu Unrecht auf § 3 c EStG a. F., d. h. in der Fassung des Steueränderungsgesetzes vom (Bundesgesetzblatt BGBI I 1958, 473) und vor der Neufassung durch das StSenkG vom (BGBI I 2000, 1433), als Grundlage für die nur hälftige Berücksichtigung der Anschaffungskosten der Kläger gestützt.

Es bestehen grundsätzlich keine Bedenken dagegen, das in § 3 c EStG a. F. enthaltene Verbot des Abzugs von Ausgaben, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, auch bei einer nur hälftigen Befreiung im Sinne eines hälftigen Abzugsverbotes anzuwenden. So war z. B. § 3 c Abs. 1 EStG auch schon vor der Neureglung in § 3 c Abs. 2 Satz 2 EStG durch das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen vom (BGBI I 2008, 1672) auf Vergütungen im Sinne von § 3 Nr. 40 a ("carried interest") im Sinne eines Teilabzugsverbotes anwendbar. Bei einer Anwendung von § 3 c EStG a. F. hätte der Beklagte diese Vorschrift dann aber in der Ausformung anwenden müssen, die § 3 c EStG a. F. durch die Rechtsprechung des BFH erfahren hat. Der BFH hat durch NWB MAAAA-95967 entschieden, dass für Schuldzinsen zur Finanzierung des Erwerbs von Schachtelbeteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften kein Betriebsausgabenabzugsverbot bestehe, wenn keine steuerfreien Dividenden flössen. Ein Abzugsverbot bestehe nur, "soweit in dem selben Veranlagungszeitraum steuerfreie Dividenden zufließen" (BFH vom NWB MAAAA-95967). Diese Rechtsprechung führte zu einer das Abzugsverbot vermeidenden Ausschüttungspolitik (sogenanntes "ballooning"). Nach der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens ging man davon aus, dass diese Rechtsprechung des BFH zu Schachteldividenden für die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG in der Fassung des StSenkG vom (BGBI I 2000, 1433) auf nach § 8 b KStG steuerfreie Dividenden fortgelte. Diese Fortgeltung nahm auch die Finanzverwaltung und der Gesetzgeber an. Statt einer Ausweitung von § 3 c Abs. 1 EStG wurde dann allerdings durch das Protokollerklärungsgesetz (BGBI I 2003, 2840) die Regelung in § 8 b Abs. 3 und 5 KStG geschaffen. Wenn aber § 3 c Abs. 1 EStG n. F. auf nach § 8 b KStG steuerfeie Dividenden nur anwendbar war, soweit in dem selben Veranlagungszeitraum steuerfreie Dividenden zuflossen, müsste auch § 3 c EStG a. F. entsprechend eingeschränkt zur Anwendung kommen, selbst wenn der Zusammenhang nicht zu steuerfreien Dividenden, sondern zu zur Hälfte steuerfreien Veräußerungserlösen anzunehmen wäre. Im Streitjahr 2000 aber sind der Klägerin keine steuerfreien oder zur Hälfte steuerfreien Einnahmen zugeflossen.

Das Finanzamt kann sich für das von ihm angenommene Teilabzugsverbot für die Ausgaben der Kläger im Jahr 2000 auch nicht auf § 3 c Abs. 2 EStG n. F., d. h. in der Fassung des StSenkG vom , stützen.

Obwohl das Gericht dem Finanzamt insofern zustimmte, dass es systematisch und im Ergebnis unbefriedigend ist, wenn im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Anschaffungskosten für Aktien in voller Höhe abgezogen werden können, aber die entsprechenden Veräußerungserlöse nur zur Hälfte als Einnahmen angesetzt werden müssen, bestätigte es den vollen Abzug der Anschaffungskosten als Betriebsausgaben. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

 

Quelle: FG Düsseldorf, Pressemitteilung v.

Hintergrund: Nach dem Halbeinkünfteverfahren wurden Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaften seit dem auf ihrer und der Ebene der Anteilseigener besteuert. Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde für 2009 eine Abgeltungsteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen eingeführt . Nach ihrer Einführung entfällt bei Kapitaleinkünften des Privatvermögens, die nach dem zufließen, die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens . Im betrieblichen Bereich von Personenunternehmen wurde das  Halbeinkünfteverfahren durch ein „Teileinkünfteverfahren” ersetzt. Gewinnausschüttungen und Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach dem zufließen, werden seitdem zu 60 v.H. als steuerpflichtig behandelt. Korrespondierend dazu werden die mit den Erträgen in Zusammenhang stehenden Aufwendungen auch nur zu 60 v.H. steuermindernd berücksichtigt. Die für die steuerliche Behandlung von Gewinnausschüttungen an Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätze blieben unverändert bestehen.

 

Fundstelle(n):
CAAAF-13725