Umsatzsteuer | Zwischenhandel mit Eintrittskarten als sonstige Leistung (BFH)
Die entgeltliche Überlassung von Eintrittskarten zu einem sportlichen oder kulturellen Ereignis an einen Reiseveranstalter ist keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung. Der Ort dieser Leistung bestimmt sich in Ermangelung einer Spezialregelung gemäß § 3a Abs. 1 UStG nach dem Sitzort des leistenden Unternehmers (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Entscheidend für die Abgrenzung einer Lieferung von einer sonstigen Leistung ist der Charakter des Umsatzes aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers. Maßgebend ist dabei, welche Elemente überwiegen (vgl. NWB CAAAB-60915.). Es kommt darauf an, welche Bestandteile der Leistung unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung bedingen (NWB WAAAA-91201). Dient die Übertragung des Gegenstands dazu, die Übertragung eines Rechts oder eine bestimmte Nutzung zu ermöglichen, steht regelmäßig die Dienstleistung im Vordergrund. Die Überlassung von Gegenständen, die zur Übertragung, Auswertung oder Ausnutzung eines Rechts erforderlich sind, ist in aller Regel von untergeordneter Bedeutung.
Sachverhalt: Die Klägerin stellte im Streitjahr 1996 für Reiseveranstalter Paketreisen zusammen. Diese enthielten auch Umsätze aus der Veräußerung von Eintrittskarten für ausländische Veranstaltungen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Autorennen. Der Ein- und Verkauf der Karten erfolgte im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Das wirtschaftliche Risiko aus dem Kartenhandel lag ausschließlich bei der Klägerin. Das Finanzamt ging im Anschluss an eine Außenprüfung bei der Klägerin davon aus, dass die streitbefangenen Leistungen nach § 3a Abs. 1 UStG 1993 im Inland steuerbar seien.
Der BFH führt dazu weiter aus: Mit einer Fahrkarte oder einer Eintrittskarte, die zivilrechtlich als sog. kleine Inhaberpapiere i.S. von § 807 BGB gelten, erwirbt der Inhaber das Recht, eine bestimmte Leistung des Verpflichteten in Empfang zu nehmen. Der wesentliche Inhalt des Geschäfts ist der mit dem Erwerb der Eintrittskarte verbundene Anspruch auf eine Dienstleistung. Der wirtschaftliche Gehalt der Leistung ist auf den Besuch einer Veranstaltung gerichtet. Der Verkauf einer Eintrittskarte stellt daher keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung dar. Auch im Gemeinschaftsrecht wird die Überlassung von Eintrittskarten als sonstige Leistung und nicht als Lieferung beurteilt. Art. 53 und 54 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) sind mit Wirkung vom neu gefasst worden. In dieser Fassung des Art. 53 wird ausdrücklich der "Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen betreffend die Eintrittsberechtigung" genannt. Daraus ergibt sich unmissverständlich, dass die Eintrittsberechtigung gemeinschaftsrechtlich als Dienstleistung und nicht etwa als Lieferung angesehen wird.
Anmerkung der NWB-Redaktion: Der BFH gelangte zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass es sich um Inlandsleistungen handelt, weil Kartenverkäufe umsatzsteuerrechtlich keine Lieferungen und auch keine Veranstaltungsleistungen i.S. des § 3a Abs. 2 Nr. 3 UStG sind. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob der Verkauf der Eintrittskarten im Rahmen der jeweiligen Paketreise an andere Unternehmer als eine einheitliche Leistung anzusehen ist. Denn auch für diesen Fall bleibt es bei dem Leistungsort am Geschäftssitz der Klägerin (§ 3a Abs. 1 UStG). Läge eine einheitliche Leistung in der Form von Haupt- und Nebenleistungen vor, gäbe aus Sicht der Veranstaltungsteilnehmer der Besuch der konkreten Veranstaltung als sog. "Spitzenereignis" dem Leistungspaket das Gepräge. In diesem Fall wäre der Verkauf der Eintrittskarten jedenfalls keine Nebenleistung zur Unterbringung der Veranstaltungsteilnehmer im Hotel. Handelte es sich aus Sicht des Durchschnittsbetrachters um eine einheitliche Leistung unter dem Gesichtspunkt, dass eine Aufspaltung derselben wirklichkeitsfremd wäre, wäre der Leistungsort ebenfalls nach der Auffangregel des § 3a Abs. 1 UStG zu bestimmen. Denn diese einheitliche Leistung bestünde aus mehreren Dienstleistungselementen, die jeweils für sich betrachtet - wie im Streitfall - unter verschiedene Leistungsortregelungen fielen. In einem solchen Fall wäre gleichermaßen § 3a Abs. 1 UStG für die Bestimmung des Leistungsorts anwendbar.
Hinweis: Nach der Rechtslage ab ist § 3a Abs. 2 UStG einschlägig, so dass nunmehr das Empfängerortprinzip gilt (vgl. hierzu Huschens, Ort der sonstigen Leistung nach §§ 3a, 3b und 3e UStG ab , NWB GAAAD-30073).
Quelle: BFH online
Fundstelle(n):
VAAAF-13535