Sonderausgaben | Verrechnung nach Erstattung von Versicherungsbeiträgen (BFH)
Wenn erstattete Sonderausgaben mit gezahlten Sonderausgaben verrechnet werden sollen, müssen diese gleichartig sein. Dies beurteilt sich grundsätzlich nach deren Sinn und Zweck sowie deren wirtschaftlicher Bedeutung. Bei Versicherungsbeiträgen kommt es auf die Funktion der Versicherung und das abgesicherte Risiko an (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Seit 1984 unterhielt der Kläger eine Krankentagegeldversicherung. In dem Zeitraum vom bis zahlte er für die Krankentagegeldversicherung (umgerechnet in €) insgesamt 14.092,95 €. Die Beitragszahlungen machte er in den Jahren 1993 bis 2001 jeweils als Sonderausgaben geltend. Steuerlich wirkten sie sich jedoch nicht aus, da in diesen Jahren die Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen des Klägers bereits durch andere abziehbare Vorsorgeaufwendungen überschritten waren. Im September 2002 hob die Krankentagegeldversicherung den Vertrag mit dem Kläger rückwirkend zum auf und erstattete dem Kläger alle bis geleisteten Beiträge. Die im Jahre 2002 erstatteten Krankentagegeldversicherungsbeiträge zog der Kläger in der Einkommensteuererklärung bei den im Jahre 2002 verausgabten Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung bis zu deren Höhe von 4.697 € ab. Demnach verblieben von den im Jahre 2002 aufgewendeten 16.078 € an Vorsorgeaufwendungen insgesamt 11.381 € grundsätzlich abzugsfähige Sonderausgaben. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vom kürzte der Beklagte (das Finanzamt) die als Sonderausgaben geltend gemachten Versicherungsbeiträge um den gesamten erstatteten Betrag von 14.092 € und berücksichtigte lediglich den Rest von 1.985 € als abziehbare Sonderausgaben. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Im Klageverfahren machte der Kläger geltend, das Finanzamt habe den Begriff der Gleichartigkeit bei der Verrechnung der Erstattungsbeträge falsch ausgelegt. Die Klage hatte Erfolg. Der BFH wies die Revision des Finanzamts gegen das Urteil des Finanzgerichts als unbegründet zurück.
Dazu führt der BFH weiter aus: Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dürfen nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Keine wirtschaftliche Belastung hat der BFH beim Sonderausgabenabzug z.B. angenommen, wenn geleistete Aufwendungen in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet werden. Ist der Einkommensteuerbescheid des Zahlungsjahres noch nicht (materiell) bestandskräftig, ist der Sonderausgabenabzug um die nachträgliche Erstattung zu mindern. Ein bereits bestandskräftiger Bescheid kann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden. Das Finanzgericht hat für die Frage der Gleichartigkeit auf die Ähnlichkeit bzw. Unterschiedlichkeit des Sinn und Zwecks sowie der wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkung der Sonderausgabe für den Steuerpflichtigen abgestellt. Die Orientierung an der wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkung der Sonderausgabe für den Steuerpflichtigen schließt die Gleichartigkeit aller Tatbestände des § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 EStG in der Fassung des Streitjahres aus und rechtfertigt bei Versicherungsbeiträgen danach zu unterscheiden, welche Funktion die jeweilige Versicherung für den Steuerpflichtigen hat und welches Risiko sie absichert.
Quelle: BFH online
Anmerkung: Mit dem Grundsatz, dass nur die Erstattung gleichartiger Sonderausgaben zu einer Verrechnung führen kann, schränkt der BFH die Praxis ein, Sonderausgaben durch Rückflüsse ungeachtet dessen zu mindern, dass es keinen gesetzlichen Tatbestand zur Erfassung derartiger Erstattungen gibt. Die Begründung, abziehbar könne nur sein, was den Stpfl. endgültig belaste, beruht auf einer Auslegung des Aufwendungsbegriffs, wie sie auch bei den außergewöhnlichen Belastungen vertreten wird. Dort allerdings ist in der Normüberschrift und einem Klammerzusatz tatsächlich auch von Belastung die Rede. Klar ist, dass Erstattungen im selben Jahr die abziehbaren Aufwendungen mindern. Die Verrechnung mit Erstattungen in Folgejahren widerspricht jedoch dem Abschnittsprinzip. Hier soll die Korrektur wegen eines rückwirkenden Ereignisses eingreifen. Auch diese vorrangig durchzuführende Maßnahme ist bedenklich, weil die geminderte Leistungsfähigkeit im Zahlungsjahr nicht rückwirkend entfallen kann. Ungerechtfertigt wäre auch, Erstattungen im Erstattungsjahr mit gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen, weil sich die Beitragszahlungen in einem vorangegangenen Jahr wegen der Höchstbeträge nicht ausgewirkt haben und damit eine Verrechnung ausscheidet.
Fundstelle(n):
UAAAF-13489