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Online-Nachricht - Mittwoch, 21.10.2009

Gestaltungsmissbrauch | Verkauf und Ankauf gleichartiger Wertpapiere am selben Tag (BFH)

Werden Wertpapiere, die innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit Verlust veräußert werden, am selben Tage in gleicher Art und Anzahl, aber zu unterschiedlichem Kurs wieder gekauft, so liegt hierin kein Gestaltungsmissbrauch (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 AO ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll.

Sachverhalt: Der Kläger veräußerte börsennotierte Aktien von zwei Kapitalgesellschaften jeweils innerhalb der Jahresfrist mit Verlust und am selben Tag erwarben er Aktien dieser Gesellschaften in gleicher Art und Anzahl, allerdings zu einem unterschiedlichen Preis wieder. Das Finanzamt erkannte die Verluste aus dem Verkauf wegen Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) nicht an.

Hierzu führte der BFH weiter aus: Wenn es dem Zweck des § 23 EStG a.F. entspricht, realisierte Wertänderungen in Gestalt von Veräußerungsgewinnen aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen eines Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen, stellt es keinen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn der Steuerpflichtige gleichartige Wertpapiere kurz nach deren Veräußerung zu unterschiedlichen Preisen wieder erwirbt. Angesichts der Schwankungsbreite börsennotierter Wertpapiere und des daraus resultierenden Kursrisikos bewegt er sich insoweit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Es steht in seinem Belieben, ob, wann und mit welchem Risiko er von ihm gehaltene Wertpapiere ankauft, verkauft und danach wieder ankauft. Bei dem Verkauf von Wertpapieren und dem anschließenden Wiederkauf gleichartiger Wertpapiere zu unterschiedlichen Ankaufs- und Verkaufspreisen handelt es sich um eigenständige und damit auch separat zu beurteilende Vorgänge.

Hinweis: Die in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. gesetzlich vorgesehene Halte-, Sperr- oder Spekulationsfrist lud geradezu dazu ein, Verluste innerhalb und Gewinne außerhalb der Jahresfrist zu realisieren. Unter dem Regime der Abgeltungssteuer ist dies noch einfacher geworden. Der Stpfl. kann seine Verluste jederzeit realisieren, ohne die Jahresfrist beachten zu müssen. Er sollte es allerdings vermeiden Verkauf und Wiederkauf zum gleichen Kurs in Auftrag zu geben. Leitsatz und Entscheidungsgründe lassen darauf schließen, dass die unterschiedlichen Ankaufs- und Verkaufspreise sowie das bei der Transaktion eingegangene Kursrisiko entscheidend für die Ablehnung eines Gestaltungsmissbrauchs gewesen sind.

Anmerkung: Der BFH weist in seinen Entscheidungsgründen auch darauf hin, dass der mit der Veräußerung bereits verwirklichte Steuertatbestand ("Zäsurwirkung") eine wirtschaftliche Gesamtbeurteilung nach § 42 AO unter Einschluss des nachfolgenden Wiederkaufs nicht generell ausschließt (vgl. hierzu u.a. auch NWB FAAAC-74487, zu einem Verkauf und gleichzeitig vereinbarten unbefristeten Rückerwerb von Geschäftsanteilen; NWB UAAAA-96316, zum Verkauf und Rückkauf von Vieh sowie NWB TAAAD-29818 zur wechselseitigen Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen; vgl. NWB-Nachricht v. 20.10.2009).

Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
NAAAF-13435