Online-Nachricht - Montag, 12.10.2009

Anfechtungsgesetz | Vorbehaltsnießbrauch gegenüber Schuldner unanfechtbar (FG)

Hat sich der Vollstreckungsschuldner einen Grundstücksnießbrauch vorbehalten bzw. ein Wohnungsrecht einräumen lassen und das mit dem Recht schon belastete Grundstück auf Angehörige übertragen bzw. in eine aus Angehörigen bestehende GbR eingebracht, so kann nach dem Wortlaut des AnfG gegenüber dem Schuldner selbst die zu seinen Gunsten erfolgte Bestellung nicht angefochten werden ().


Voraussetzung einer Anfechtung ist grundsätzlich das Ausscheiden eines Gegenstandes aus dem Vermögen des Schuldners. Der Rückbehalt des Nießbrauchsrechts bzw. des Wohnungsrechts ist gegenüber dem Vollstreckungsschuldner als dem Inhaber der Rechte auch nicht unter Ausweitung der Anfechtungstatbestände des Anfechtungsgesetzes im Wege der Analogie anfechtbar.

Sachverhalt: Im Februar 2000 gründete die Klägerin, zusammen mit ihrem Sohn (S) und ihrer Tochter (T), die Y-GbR (GbR) und brachte mehrere in ihrem Eigentum stehende Grundstücke in die GbR ein. An den eingebrachten Grundstücken behielt sich die Klägerin das unentgeltliche Nießbrauchsrecht vor. Mit Schenkungsteuerbescheid vom setzte das FA gegen die Klägerin wegen nicht erklärter Zuwendungen, die sie von ihrem Lebensgefährten erhalten hatte, Schenkungsteuer i.H.v. 666.248,09 EUR fest. Mit notariellem Vertrag vom , behielt sich die Klägerin selbst auf Lebensdauer das unentgeltliche Wohnungsrecht an sämtlichen Räumen des ihr gehörenden Anwesens FlNr. 1/22, Gebäude und Freifläche zu 0,1316 ha vor. Der Eigentümer der Immobilie muss das Gebäude zur Gewährung des Wohnungsrechts instand halten und die Kosten für Schönheitsreparaturen, Strom, Wasser und Heizung zu tragen. Diese Rechte wurden zusammen als Leibgeding zugunsten der Klägerin bestellt und am im Grundbuch eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom überließ die Klägerin dem S das Grundstück FlNr. 1/22. S übernahm das Leibgeding zugunsten der Klägerin zur weiteren Duldung und Gewährleistung.


Am erließ das FA gegen die Klägerin einen Duldungsbescheid. Es focht darin u.a. die zugunsten der Klägerin bestellten unentgeltlichen Nießbrauchsrechte und das zu Lasten des Grundstücks Fl.Nr. 1/22 bestellte Wohnungsrecht an.

Dazu führt das Gericht weiter aus: Die Klägerin ist nicht Sonderrechtsnachfolgerin der GbR als der bezüglich der Eigentumsübertragung an den Grundstücken eigentlichen Anfechtungsschuldnerin. Die Klägerin hat sich mit notarieller Urkunde vom den Nießbrauch an den Grundstücken FlNr. 1/1 und 1/21 vorbehalten. Damit hat die GbR das Grundstück bereits mit dem Nießbrauchsrecht belastet erhalten. Der Sachverhalt des Streitfalles weicht von dem der vom FA zitierten Entscheidung des zugrunde liegenden Sachverhalt insoweit ab, als in diesem Fall die Eltern das Grundstück unbelastet auf ihre Tochter übertragen haben. Diese hat dann als Gegenleistung den Eltern ein Wohnrecht eingeräumt. Nur in diesem Fall kommt eine Anfechtung gem. §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 2 Nr. 1 AnfG in Betracht, da nur in dieser Sachverhaltskonstellation die Eltern bzgl. des Nießbrauchsrechts Sonderrechtsnachfolger nach ihrer Tochter sind.

Die Bestellung des lebenslänglichen Nießbrauchsrechts an den Grundstücken FlNr. 1/21 und 1/1 zugunsten der Klägerin ist nach Auffassung des Senats auch nicht gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG anfechtbar. Das Anfechtungsgesetz enthält nach seinem Wortlaut keinen Anfechtungstatbestand, der es ermöglicht, gegenüber dem Schuldner selbst die zu seinen Gunsten erfolgte Bestellung von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten anzufechten (Urteil des NWB PAAAB-02280). Voraussetzung einer Anfechtung ist grundsätzlich das Ausscheiden eines Gegenstandes aus dem Vermögen des Schuldners. Im Streitfall hat die Klägerin sich den Nießbrauch an den in die GbR eingebrachten Grundstücken vorbehalten. Auf die GbR sind daher Grundstücke übergegangen, die bereits mit einem Nießbrauchsrecht zugunsten der Klägerin belastet waren. Durch die Bestellung des Nießbrauchs hat die Klägerin daher gerade keinen Gegenstand aus ihrem Vermögen weggegeben. Vielmehr hat sie sich mit dem vorbehaltenen Nießbrauchsrecht den weitergehenden wirtschaftlichen Wert der Immobilie bis an ihr Lebensende vorrangig selbst gesichert.


 

 

Fundstelle(n):
NWB RAAAF-13357