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Online-Nachricht - Mittwoch, 19.08.2009

Umsatzsteuer | Mehrmütterorganschaft nicht möglich (BFH)

Der BFH an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, nach der es umsatzsteuerrechtlich nicht möglich ist, eine sog. Mehrmütterorganschaft zu bilden (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Die Organschaft ermöglicht es, im Umsatzsteuerrecht mehrere Unternehmen zu einem einzigen Steuerpflichtigen zusammenzufassen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Dieser Gruppenbesteuerung kommt als Gestaltungsinstrument große Bedeutung zu, wenn Unternehmen nicht oder nur beschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Bezieht z.B. eine Bank oder ein Krankenhaus allgemeine Datenverarbeitungs- oder Verwaltungsleistungen von einem fremden Leistungsanbieter, unterliegen diese Leistungen dem Regelsteuersatz, wobei für die Bank oder das Krankenhaus im Regelfall keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht. Ist die Bank oder das Krankenhaus demgegenüber Mehrheitsgesellschafter des Leistungsanbieters, sind die Leistungen unter den weiteren Voraussetzungen der Organschaft als sog. Innenleistung nichtsteuerbar, da Leistender und Leistungsempfänger umsatzsteuerrechtlich als eine Person angesehen werden. Eine Besteuerung der Leistung unterbleibt dann. Im Streitfall war zu entscheiden, ob ein Leistungsanbieter aufgrund einer sog. Mehrmütterorganschaft gegenüber mehreren Leistungsempfängern gleichzeitig nichtsteuerbare Innenleistungen erbringen kann. Im Rahmen einer derartigen Mehrmütterorganschaft schließen sich mehrere Banken oder Krankenhäuser zur Beherrschung eines Leistungsanbieters zusammen. Wäre die Mehrmütterorganschaft anzuerkennen, würde der Leistungsanbieter gegenüber allen beteiligten Banken oder Krankenhäusern nichtsteuerbare Innenleistungen erbringen.

Hierzu führte der BFH weiter aus: Entscheidend für die Ablehnung einer umsatzsteuerrechtlichen Mehrmütterorganschaft ist, dass die Organschaft zur Bildung eines einzigen Unternehmens führen muss. Damit ist eine Eingliederung eines Leistungsanbieters in die Unternehmen mehrerer Gesellschafter (Banken oder Krankenhäuser) nicht zu vereinbaren. Gegen eine Eingliederung in mehrere Unternehmen spricht bereits der Wortlaut von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Gegen die Anerkennung einer umsatzsteuerrechtlichen Mehrmütterorganschaft sprechen weiter die Besonderheiten der Umsatzsteuer. Eine Mehrmütterorganschaft im Umsatzsteuerrecht würde sich anders als im Gewerbesteuerrecht nicht auf eine anteilige Zurechnung des Gewerbeertrags beschränken, sondern dazu führen, dass jeder einzelne Steuerentstehungstatbestand (§ 13 UStG) und jede einzelne Berechtigung zum Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) mehreren Organträgern anteilig zuzurechnen wäre. Weiter wäre über den Vorsteuerabzug aus den von der Organgesellschaft bezogenen Leistungen nach den Verhältnissen mehrerer Organträger zu entscheiden, wenn die durch die Organgesellschaft bezogene Leistung dazu dient, nichtsteuerbare Innenleistungen an mehrere Organträger zu erbringen. Daher kommt auch eine auf das Innenverhältnis zwischen der Organgesellschaft und den mehreren Organträgern beschränkte Organschaft, die zu einer Steuerschuldnerschaft der Organgesellschaft für die von ihr gegenüber Dritten (Nichtgesellschaftern) erbrachten Leistungen führt, nicht in Betracht. Im Übrigen scheidet die Annahme einer Organschaft auch bei richtlinienkonformer Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG aus. Im Hinblick auf die umsatzsteuerrechtlichen Besonderheiten vermag auch der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung, eine umsatzsteuerrechtliche Mehrmütterorganschaft nicht zu rechtfertigen.

Anmerkung: Im Umsatzsteuerrecht gibt es keine „Mehrmütterorganschaft“. Die Klägerin – Betreiberin eines Altersheims, die Personal an andere Einrichtungen überließ, ambulante Pflegeleistungen und Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen erbrachte (der Sachverhalt ist sehr spezifisch) - konnte sich auch nicht mit dem Argument durchsetzen, das Finanzamt habe eine Zusage erteilt bzw. es habe sein Recht auf Steuernacherhebung verwirkt.

Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
PAAAF-12980