Einkommensteuer | Nachzahlungszinsen nach Änderung der Veranlagungsart (FG)
Die geänderte Wahl der Veranlagungsart ist verfahrensrechtlich ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung i.S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO und zugleich auch ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 233a Abs. 2a AO (; Nichtzulassungsbeschwerde anhängig).
Hintergrund: Nach § 233a Abs. 2 AO beginnt der Zinslauf für Nachzahlungszinsen, die nach § 233a Abs. 1 AO entstehen, 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Soweit die Steuerfestsetzung auf einem rückwirkenden Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO beruht, beginnt der Zinslauf abweichend 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist. Fraglich war im Streitfall die Festsetzung von Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer 2011.
Sachverhalt: Die Klägerin ist verheiratet. Im Streitzeitraum wurde sie zunächst antragsgemäß getrennt zur Einkommensteuer veranlagt. Es ergab sich eine Nachzahlung. Zugleich wurden Zinsen zur Einkommensteuer nach § 233a AO festgesetzt. Gegen den Einkommensteuerbescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Sie beantragte die Durchführung einer Zusammenveranlagung mit ihrem Ehemann. Daraufhin hob das Finanzamt den ursprünglichen Bescheid auf und führte eine Zusammenveranlagung durch. Zugleich änderte es die Zinsfestsetzung auf der Grundlage des § 233a Abs. 5 AO. Das Finanzamt verwies insoweit auf § 233a Abs. 2a i.V. mit Abs. 7 Satz 2, 2. Halbsatz AO. Hiergegen wendete sich die Klägerin. Die Zinsfestsetzung sei vollständig aufzuheben. § 233 Abs. 2a AO sei nicht einschlägig.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:
Die von der Klägerin geänderte Wahl, für das Streitjahr 2011 zur Einkommensteuer zusammen mit ihrem Ehemann veranlagt statt – wie bisher – getrennt veranlagt zu werden, stellte verfahrensrechtlich ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.
Wird die Wahl der Veranlagungsart nachträglich abweichend ausgeübt, wirkt sie rechtsgestaltend auf die Steuerschuld ein, da die Veranlagungsart unmittelbar die Höhe der Steuer beeinflusst. Dementsprechend handelt es sich bei der Wahl der Veranlagungsart um ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestands, das auf den Veranlagungszeitraum zurückwirkt, mithin um ein rückwirkendes Ereignis.
Bei der geänderten Wahl der Veranlagungsart handelt es sich vorliegend auch um ein rückwirkendes Ereignis mit Auswirkung auf die Zinsfestsetzung nach § 233a Abs. 2a AO.
Hieran ändert nichts der Umstand, dass der Zusammenveranlagungsbescheid im Verhältnis zu dem zunächst ergangenen Einzelveranlagungsbescheid kein Änderungsbescheid ist. Denn mit dem Zusammenveranlagungsbescheid wird die Einkommensteuer gegen die Eheleute erstmals neu festgesetzt.
§ 233a Abs. 2a AO ist auch dann anwendbar, wenn die ursprüngliche Steuerfestsetzung aufgrund anderer Änderungsvorschriften geändert wurde oder es sich um eine erstmalige Steuerfestsetzung handelt. Maßgeblich ist der materielle Grund, nicht die verfahrensmäßige Umsetzung.
Hinweis: Gegen die o.g. Entscheidung wurde zwischenzeitlich eine Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (BFH-Az: NWB LAAAF-05917).
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Eheleute, die nicht dauernd getrennt leben, konnten im Streitjahr 2011 nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG zwischen der getrennten Veranlagung (§ 26a EStG) und der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) wählen. Die Wahl konnte bis zur Bestandskraft eines der beiden Einzelveranlagungsbescheide oder des Zusammenveranlagungsbescheides jederzeit in die eine oder andere Richtung ausgeübt werden, und zwar bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung ohne zeitliche Begrenzung.
Fundstelle(n):
CAAAF-12834