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Online-Nachricht - Donnerstag, 26.11.2015

DBA-Schweiz | Überdachende Besteuerung nach Wegzug nicht europarechtswidrig (EuGH)

Die sog. überdachende Besteuerung von Arbeitnehmern, die ihren Wohnsitz in Deutschland aufgeben und in die Schweiz wegziehen, verstößt nach Ansicht des EuGH nicht gegen das zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) und ihren Mitgliedsstaaten abgeschlossene Freizügigkeitsabkommen ().

Hintergrund: Die überdachende Besteuerung ermöglicht dem deutschen Fiskus den Zugriff auf Einkünfte aus deutschen Quellen im Jahr des Wegzugs in die Schweiz und in den folgenden fünf Kalenderjahren (Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2002). Dies betrifft insbesondere den Arbeitslohn, der nach dem Wegzug als Grenzgänger für eine Tätigkeit bei einem deutschen Arbeitgeber bezogen wird. Die deutsche Besteuerung greift allerdings nur dann, wenn der Wegzüger kein Schweizer Staatsbürger ist. Der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg sah darin eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit sowie einen Verstoß gegen die Bestimmungen über die Arbeitnehmer- und Personen- Freizügigkeit. Er hatte daher ein entsprechendes Klageverfahren ausgesetzt und die Frage der Europarechtswidrigkeit dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (s. hierzu NWB Nachricht v. 6.6.2014).
Sachverhalt: Der Kläger des Streitfalls hatte seinen Wohnsitz in Deutschland Ende Juli 2008 aufgegeben und war in die Schweiz weggezogen. Anschließend war er jedoch weiterhin als Geschäftsführer für eine in Deutschland ansässige GmbH – die Tochtergesellschaft eines schweizerischen Konzerns – tätig. Für den seither bezogenen Arbeitslohn führte die GmbH lediglich eine Quellensteuer von 4,5% an den deutschen Fiskus ab. Der Kläger versteuerte den Arbeitslohn ansonsten an seinem Wohnsitz in der Schweiz. Zum Streit kam es, weil das deutsche Finanzamt den Kläger trotzdem – unter Anrechnung der schweizerischen Steuer – zur (erheblich höheren) deutschen Einkommensteuer heranziehen wollte.
Hierzu führte der EuGH nun u.a. aus:

  • Die in Art. 2 des Freizügigkeitsabkommen und in Art. 9 des Anhangs I dieses Abkommens enthaltenen Grundsätze der Nichtdiskriminierung stehen einem bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen nicht entgegenstehen, nach dem für die Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit eines deutschen Steuerpflichtigen, der nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt, der Staat, in dem diese Einkünfte erzielt werden, d.h. die Bundesrepublik Deutschland, auch dann zuständig ist, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz von Deutschland in die Schweiz verlegt hat, aber weiterhin im erstgenannten Staat einer nicht selbständigen Arbeit nachgeht.

  • Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass für die Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit eines schweizerischen Staatsbürgers, der sich in einer entsprechenden Situation befindet, der neue Wohnsitzstaat, hier die Schweizerische Eidgenossenschaft, zuständig ist.

Quelle: NWB Datenbank

Fundstelle(n):
FAAAF-12820