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Online-Nachricht - Freitag, 06.11.2015

Umsatzsteuer | Zum Vorsteuerabzug aus den Baukosten einer Sporthalle (FG)

Erstellt eine juristische Person des öffentlichen Rechts eine Mehrzweckhalle und überlässt sie diese auf privatrechtlicher Grundlage gegen Entgelt an Vereine im Rahmen des Erwachsenensports, handelt sie als Unternehmer und ist zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten für die Mehrzweckhalle berechtigt. Ob das Entgelt dem Wert der Leistung entspricht, ist für das Vorliegen eines Leistungsaustausches unerheblich (; Revision anhängig).

Hintergrund: Eine juristische Person des öffentlichen Rechts (jPöR), ist bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V. mit § 4 KStG entsprechend  Art. 13 MwStSystRL  Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an (s. hierzu NWB DAAAE-02343
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine jPöR, und hat im Zeitraum von 2010 bis 2014 eine neue Sporthalle mit angrenzender Gaststätte errichtet. Die Sporthalle verfügt über einen bestimmten, nur für Sporthallen geeigneten Bodenbelag. Die Halle ist mit diversen sportlichen Vorrichtungen, insbesondere Turn- und Sportgeräten ausgestattet. Sie (inkl. der Einrichtungsgegenstände) sollte laut Planung für Sportzwecke durch Vereine und Schulen genutzt werden. Die Nutzung zu Zwecken des Schulsports war unentgeltlich geplant, für die Inanspruchnahme der Sporthalle durch Vereine für „Erwachsenensport” sollte eine Nutzungspauschale von 1,50 Euro pro Stunde pro Hallenteil (insgesamt vier Hallenteile) erhoben werden, womit maximal ein Kostendeckungsgrad von 12,03% erreicht werden konnte. Die Klägerin machte anhand geschätzter Nutzungsanteile (60% Schulsport, 40% Vereinssport) Vorsteuervergütungsansprüche i.H.v. 40 Prozent der Herstellungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Die Klägerin ist zum teilweisen Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten für die Mehrzweckhalle berechtigt, da sie beabsichtigte mit dem Betrieb der Halle als Unternehmerin tätig zu werden und damit umsatzsteuerpflichtige Leistungen zu erbringen.

  • Die Klägerin plante mit dem Betrieb der Halle – auf privatrechtlicher Grundlage – als Unternehmerin tätig zu werden und war damit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Höhe des Entgelts und die Nutzungsbedingungen hat die Klägerin im Rahmen einer Entgeltordnung und nicht in Form einer Satzung geregelt. Die Überlassung sollte aufgrund mündlich abgeschlossener Pachtverträge erfolgen. Dementsprechend erhält die Klägerin die Einnahmen aus der Hallenüberlassung zukünftig nicht aufgrund öffentlich-rechtlich Gestaltung (Gebühren) sondern ausschließlich aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen mit den Vereinen.

  • Entgegen der Auffassung des Finanzamts sollte die Hallenüberlassung weder unentgeltlich noch gegen ein unbeachtliches symbolisches Entgelt an die Vereine erfolgen. Ob das Entgelt dem Wert der Leistung entspricht, ist für das Vorliegen eines Leistungsaustausches unerheblich.

Anmerkung: Das Finanzgericht teilte im Streitfall nicht die Auffassung des Finanzamts, die Pacht in Höhe von 1,50 Euro sei nicht für die Hallenüberlassung, sondern ausschließlich für die Betriebskosten erbracht worden. Die Hauptleistung der Klägerin besteht – so das Finanzgericht – in der Überlassung der Halle. Die Nutzungspauschale würden die Vereine erbringen, um die Halle nutzen zu können und nicht um Wärme oder Wasser zu erhalten. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs durch die Klägerin erfolgte nach Ansicht des Finanzgerichts auch nicht rechtsmissbräuchlich. Soweit die Finanzverwaltung davon ausgehe, dass aufgrund des sehr niedrigen Entgelts und des sehr hohen Vorsteuervergütungsanspruches die Gefahr einer Steuerumgehung vorliege, bleibe ihr nur der Weg über einen Antrag nach Art 395 Abs. 1 MwStSystRL, von der MwStSystRL abweichende Sondermaßnahmen (z.B. Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage § 10 Abs. 5 UStG) einzuführen. Im Streitfall hat das Finanzgericht die Revision zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (BFH-Az.: NWB DAAAF-02285
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Mit dem Steueränderungsgesetz 2015 hat der Gesetzgeber die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand neu geregelt (§ 2b UStG n.F.). Im Zuge der Neuregelung sind jPöR, unverändert keine Unternehmer. Erbringt eine jPöR dagegen Leistungen auf privatrechtlicher Grundlage und damit unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer, werden diese Tätigkeiten weiterhin nicht von § 2b UStG erfasst; diese Leistungen unterliegen stets der Umsatzsteuer (s. hierzu u.a. Hörster in NWB SAAAF-06071

Fundstelle(n):
UAAAF-12734