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Online-Nachricht - Mittwoch, 07.10.2015

Einkommensteuer | Ehegattensplitting bei fiktiver unbeschränkter Steuerpflicht (BFH)

Bei der Frage, ob Ehegatten die Einkunftsgrenzen (relative oder absolute Wesentlichkeitsgrenze) für das Wahlrecht zur Zusammenveranlagung in Fällen der fiktiven unbeschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 3 EStG) wahren, ist im Rahmen einer einstufigen Prüfung nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG (gegen R 1 EStR 2012) auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen und der Grundfreibetrag zu verdoppeln (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG können nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten auf Antrag gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG zusammen veranlagt werden (unter Anwendung des Splitting-Verfahrens), sofern die Voraussetzungen der sog. „fiktiven unbeschränkten Einkommensteuerpflicht” erfüllt sind (§ 1 Abs. 3 EStG). Voraussetzung hierfür ist, dass entweder die Einkünfte im Kalenderjahr zu mindestens 90% der deutschen Einkommensteuer unterliegen (sog. relative Wesentlichkeitsgrenze) oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG (im Streitjahr 2009 7.834 €; derzeit 8.472 €) nicht übersteigen (sog. absolute Wesentlichkeitsgrenze). Die vorgenannten Regelungen werden in § 1a EStG in der Weise ergänzt, dass für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU bei der Anwendung der relativen und absoluten Wesentlichkeitsgrenze auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen und der Grundfreibetrag zu verdoppeln ist.
Sachverhalt: Die Kläger sind österreichische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Österreich und beziehen Renten und Pensionen aus verschiedenen Quellen. U.a. bezog der Ehemann eine mit 58% nachgelagert in Deutschland zu besteuernde Sozialversicherungsrente, während die Ehefrau keine deutschen Einkünfte hatte. Im Streitfall würden die Kläger die Voraussetzungen für die (optionale) Zusammenveranlagung erfüllen, sofern in die Prüfung der absoluten Wesentlichkeitsgrenze nur die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte beider Ehegatten einbezogen (§ 1 Abs. 3 Satz 2 EStG) und diese mit dem doppelten Grundfreibetrag (2 x 7.834 € = 15.668 €) verglichen werden. Die Voraussetzungen wären indessen nicht erfüllt, wenn die Wesentlichkeitsgrenzen - vor der Verdoppelung des Grundfreibetrags und unter Einbeziehung der Einkünfte beider Ehegatten - für die Eheleute zusätzlich jeweils isoliert und unter Ansatz des einfachen Grundfreibetrags geprüft werden müsste. Die Finanzverwaltung (s. R 1 Satz 3 EStR 2012) hält eine solche Vorabprüfung (bisher) für erforderlich.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht auf die Verhältnisse des einzelnen Ehegatten, sondern unter Ansatz des doppelten Grundfreibetrags auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen.

  • Einer vorgelagerten Wesentlichkeitsprüfung nach den jeweils individuellen Verhältnissen der Ehegatten (i.V. mit dem einfachen Grundfreibetrag) bedarf es daher nicht.

Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Mit der Vorinstanz (s. NWB XAAAE-61119hat der BFH im Streitfall den Anspruch auf optionale Zusammenveranlagung bestätigt, da der doppelte Grundfreibetrag in den Streitjahren 15.668 € betrug und die in Österreich zu besteuernden Einkünfte 15.347,21 € betragen haben.
 

Fundstelle(n):
WAAAF-12593