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Online-Nachricht - Montag, 01.12.2014

Einkommensteuer | Steuerfalle bei der Ausübung von Bezugsrechten aus "Altanteilen" (FG)

Bei der Veräußerung junger Aktien kann der anteilige Kurswert der Altaktien auch noch nach Einführung der Abgeltungsteuer den Veräußerungsgewinn mindern. Dies gilt dann, wenn die jungen Anteile mit Bezugsrechten erworben wurden, die aus bereits vor dem angeschafften nicht mehr steuerverstrickten Altanteilen abgespalten wurden. Der 10. Senat des Finanzgerichts Köln wendet sich damit gegen die gängige Praxis der Finanzverwaltung (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Nach der mit der Abgeltungsteuer eingeführten Vereinfachungsregelung des § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG werden Bezugsrechte aus Gesellschaftsanteilen im Falle ihrer Ausübung oder Veräußerung nicht (mehr) mit ihrem rechnerischen/anteiligen Wert, sondern mit fiktiven Anschaffungskosten von 0 Euro angesetzt. Das BMF vertritt hierzu die Auffassung, dass dies unabhängig davon gelte, ob die Anteile, aus denen die Bezugsrechte abgespalten wurden, vor oder nach Einführung der Abgeltungsteuer erworben wurden ( NWB DAAAD-34883, Tz. 108 ff.).
Sachverhalt: Der Kläger hielt u.a. Aktien der A Bank AG, welche sich bereits vor dem in seinem Wertpapierdepot befanden. Im Jahr 2010 wurde bei der A Bank AG eine Kapitalerhöhung vollzogen. In deren Rahmen erwarb der Kläger junge Aktien über Bezugsrechte aus Aktien, welche er bereits vor dem angeschafft hatte (sog. Altaktien). Im November 2010 wurden zehn dieser jungen Aktien veräußert. Der hieraus resultierende Gewinn wurde durch die A Bank AG in einer Erträgnisaufstellung bescheinigt. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger die Überprüfung des Steuereinbehalts. Er brachte insoweit die Anschaffungskosten der Bezugsrechte in Abzug und setzte die erzielten Kapitalerträge dementsprechend niedriger an. Das Finanzamt berücksichtigte die Anschaffungskosten der Bezugsrechte gemäß § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG demgegenüber mit 0 € und legte der Veranlagung – entsprechend der Erträgnisaufstellung – einen höheren Gewinn zu Grunde.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Die Auffassung der Finanzverwaltung führt zur nachträglichen Besteuerung stiller Reserven, die bei Einführung der Abgeltungsteuer nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. nicht mehr steuerverstrickt waren. Demgegenüber unterliegt der wirtschaftlich vergleichbare Fall der unmittelbaren Veräußerung eines solchen Bezugsrechts auch nach Verwaltungsauffassung nicht der Besteuerung.

  • Aus Sicht des 10. Senats des FG Köln verstößt die Verwaltungspraxis sowohl gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG als auch gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Rückwirkungsverbot.

  • Der Senat hat deshalb in verfassungskonformer Auslegung des § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG entschieden, dass diese Regelung keine Anwendung findet, wenn junge Anteile veräußert werden, die mit Bezugsrechten aus nicht mehr steuerverstrickten "Altanteilen" erworben wurden.

Anmerkung: Die Veräußerung eines Bezugsrechts stellt grds. einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG dar. Nach Auffassung der Finanzverwaltung geht das Anschaffungsdatum der dem Bezugsrecht zugrunde liegenden Anteile jedoch im Falle der Bezugsrechtsveräußerung auf das veräußerte Bezugsrecht über (vgl. NWB DAAAD-34883Tz. 109). Sofern die dem Bezugsrecht zugrunde liegenden Anteile bereits vor dem angeschafft wurden, gelten die aus diesen Anteilen im Zuge einer Kapitalerhöhung abgespaltenen Bezugsrechte daher im Sinne einer „Fußstapfentheorie“ ebenfalls als zu diesem Zeitpunkt angeschafft. Die Veräußerung eines aus solchen sog. Altanteilen abgespaltenen Bezugsrechts löst beim Inhaber folglich keine Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus, da diese Vorschrift nach § 52a Abs. 10 Satz 1 EStG nur auf Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen Anwendung findet, welche nach dem erworben wurden. Sofern die Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. hinsichtlich der vor dem erworbenen Altanteile bereits abgelaufen ist, kann das hieraus abgespaltene Bezugsrecht durch den Inhaber somit – auch nach Ansicht der Finanzverwaltung – steuerfrei veräußert werden. Hiervon zu unterscheiden ist der – vorliegend gegebene – Fall der Veräußerung sog. junger Aktien, nach Ausübung der Bezugsrechte, welches aus vor dem erworbenen Altanteilen abgespalten wurde.
Quelle: FG Köln, Pressemitteilung v.
Hinweis: Das Finanzgericht hat im Streitfall die Revision zum BFH zugelassen, da die Frage, mit welchem Wert ein Bezugsrecht, welches aus vor dem erworbenen Anteilen abgespalten wurde, im Falle der Ausübung des Bezugsrechts und Veräußerung der hierfür bezogenen jungen Aktien nach dem im Rahmen der Veräußerungsgewinnermittlung anzusetzen ist, von grundsätzlicher Bedeutung sei. Ein Aktenzeichen des BFH wurde noch nicht veröffentlicht. Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des Finanzgerichts.

Fundstelle(n):
YAAAF-12293