Online-Nachricht - Mittwoch, 26.11.2014

Umsatzsteuer | Leistungsempfänger beim Erwerb durch eine Bruchteilsgemeinschaft (BFH)

Die unentgeltliche Überlassung eines in Bruchteilsgemeinschaft erworbenen Gegenstands (Mähdrescher) an einen der Gemeinschafter begründet weder eine eigene Rechtspersönlichkeit noch eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinschaft, sodass die einzelnen Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen sind (entgegen Abschn. 15.2b Abs. 1 Sätze 6 und 7 UStAE). Sind die Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen, können sie über ihren Anteil am Gegenstand ohne Zwischenerwerb durch die Gemeinschaft verfügen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Im Falle der gemeinschaftlichen Bestellung durch eine Bruchteilsgemeinschaft, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und die selbst keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie ausübt, sind die Miteigentümer als Leistungsempfänger anzusehen ( NWB AAAAB-72675; Rz 59). Nach Ansicht der Finanzverwaltung übt die Gemeinschaft jedoch bereits dann eine wirtschaftliche Tätigkeit aus und ist demzufolge selbst als Leistungsempfänger anzusehen, wenn sie - wie im Streitfall - einem Gemeinschafter einen Gegenstand unentgeltlich überlässt (Abschn. 15.2b Abs. 1 Sätze 6 und 7 UStAE).
Sachverhalt: Der Kläger unterhielt einen landwirtschaftlichen Betrieb. 2004 erwarb er zusammen mit K einen Mähdrescher. Sein Anteil betrug 20%, der des K 80%. Im Dezember 2008 erwarb der Kläger den Miteigentumsanteil des K und machte die von K gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Er veräußerte den Mähdrescher wenige Tage später steuerfrei an eine Abnehmerin in Österreich. Das Finanzamt ging von einer Entnahme des Miteigentumsanteils von 20% aus und kürzte den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Miteigentumsanteils von 80%. Das Vorliegen einer Entnahme begründete es damit, dass dem Verkauf des Mähdreschers eine Lieferung des Mähdreschers der Bruchteilsgemeinschaft an den Kläger vorausgegangen sein müsse; hierfür wiederum sei die vorherige Entnahme des jeweiligen Anteils aus dem Unternehmensvermögen der beiden Landwirte und eine Rückgabe an die Bruchteilsgemeinschaft zwingend erforderlich gewesen. Dies führe beim Kläger zur Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe. Die Kürzung der Vorsteuern beruhe darauf, dass der Kläger den Miteigentumsanteil von 80% von der nichtunternehmerisch tätigen Gemeinschaft erworben habe.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Zur Erfüllung seiner Lieferverpflichtung hinsichtlich des Mähdreschers bedurfte es im Streitfall keiner vorherigen Entnahme der Miteigentumsanteile aus dem Unternehmensvermögen und anschließender Lieferung des Mähdreschers von der Bruchteilsgemeinschaft an den Kläger, sondern lediglich der Übertragung des Anteils von K (80%) auf den Kläger.

  • Denn beim Erwerb des Mähdreschers durch den Kläger und K sind diese jeweils als Leistungsempfänger anzusehen, sodass ihnen bei der Anschaffung die Miteigentumsanteile direkt zuzurechnen sind.

  • Durch die gemeinsame Anschaffung eines Mähdreschers ist zwischen den Beteiligten lediglich eine Bruchteilsgemeinschaft entstanden, weil über den Erwerb des Mähdreschers hinaus kein gemeinsamer wirtschaftlicher Zweck i.S. von § 705 BGB verfolgt wurde.

  • Die Gemeinschaft vermietete den Mähdrescher weder an Dritte noch an die beiden Gemeinschafter. Soweit letztere den Mähdrescher für ihre eigene unternehmerische Tätigkeit nutzten, nutzten sie ihn im Rahmen des § 743 Abs. 2 BGB. Danach ist jeder Teilhaber zum Gebrauch des Gemeinschaftseigentums insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt wird. Jeder Teilhaber hat somit ein originäres Nutzungsrecht, welches ihm nicht erst im Rahmen eines Leistungsaustausches von der Gemeinschaft überlassen wird.

  • Soweit die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass es bei gemeinschaftlicher Auftragserteilung durch mehrere Personen für die Annahme einer Leistungsempfängerschaft durch die Gemeinschaft bereits ausreiche, wenn die Gemeinschaft einem Gemeinschafter den Gegenstand oder Teile des Gegenstands unentgeltlich überlässt, folgt der Senat dieser Auffassung mangels rechtlicher Grundlage nicht.

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Die Umsatzsteuerfolgen des Erwerbs und der Nutzung eines Mähdreschers durch mehrere Landwirte in Miteigentum beschäftigt die Rechtsprechung seit Jahren. Der BFH hat klargestellt: Erzielt die Miteigentümergemeinschaft keine Entgelte aus der Nutzung, sind Leistungsempfänger aus dem Erwerb die einzelnen Bruchteilseigentümer anteilig. Überträgt einer dem anderen entgeltlich einen Miteigentumsanteil, handelt es sich um einen Leistungsaustausch zwischen ihnen. Die Beendigung der umsatzsteuerlich unbeachtlichen Gemeinschaft durch Übertragung des Alleineigentums auf einen der bisherigen Miteigentümer ist kein Umsatz. Offen gelassen hat der BFH jedoch die Streitfrage, ob die Übertragung eines Miteigentumsanteils eine Lieferung oder sonstige Leistung ist.
 

Fundstelle(n):
NWB GAAAF-12273