Suchen
Online-Nachricht - Donnerstag, 20.11.2014

Einkommensteuer | Zur Besteuerung Alleinerziehender nach dem Grundtarif (FG)

Der 4. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat klargestellt, dass die Besteuerung Alleinerziehender nach dem Grundtarif nicht verfassungswidrig ist. Gleichzeitig hat das Finanzgericht die Revision zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. In einer anderen Rechtssache ist dort bereits ein entsprechendes Revisionsverfahren anhängig (FG Niedersachen, Urteil v. - 4 K 81/14, Revision zugelassen).

Hintergrund: Ehegatten können zwischen der Einzelveranlagung und der Zusammenveranlagung wählen. Bei einer Zusammenveranlagung profitieren die von dem sog. Ehegattensplitting (§ 32a Abs. 5 EStG). Alleinstehende Personen werden demgegenüber immer nach dem höheren Grundtarif (§ 32a Abs. 1 EStG) besteuert. Für Kinder gibt es eine Ermäßigung durch Kindergeld oder aber einen Kinderfreibetrag bzw. Betreuungsfreibetrag. Alleinerziehende erhalten zusätzlich einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.308 € im Kalenderjahr, der von der Summe der Einkünfte abgezogen wird.

Sachverhalt: Streitig ist die Besteuerung eines alleinerziehenden Elternteils. Die alleinstehende Klägerin ist Mutter zweier Kinder, die in ihrem Haushalt leben. Der Kindesvater leistet keinen Unterhalt. Sie erzielt aus einer beratenden Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Mit dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2011 wurde sie vom Finanzamt zur Einkommensteuer veranlagt. Die Steuer wurde dabei unter Anwendung des Grundtarifs und unter Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende festgesetzt. Hiergegen wandte sich die Klägerin. Sie machte u.a. geltend, dass sie durch die Vorenthaltung des Splittingtarifs in verfassungswidriger Weise gegenüber Verheiraten bzw. Lebenspartnern ohne Kinder sowie gegenüber anderen Alleinerziehenden, deren Kinder Barunterhalt von dem anderen Elternteil erhielten, benachteiligt werde.

Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Die Anwendung des Splittingverfahrens (§ 32a Abs. 5 EStG) auf Alleinstehende ist im Gesetz nicht vorgesehen und verfassungsrechtlich nicht geboten.

  • Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist der Gesetzgeber von Verfassung wegen lediglich verpflichtet, Unterhaltsaufwendungen mindestens in Höhe des Existenzminimums der Kinder von der Besteuerung auszunehmen. Dieser Verpflichtung ist er mit der Gewährung eines Freibetrags für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie eines Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes (§ 32 Abs. 6 Satz 1 EStG) nachgekommen.

  • Der Umstand, dass diese Freibeträge bei der Festsetzung der Einkommensteuer gegenüber der Klägerin tatsächlich nicht vom Einkommen abgezogen worden sind, ist ohne Bedeutung. Dies beruht allein darauf, dass die steuerliche Freistellung des Existenzminimums der Kinder bereits durch das der Klägerin gewährte Kindergeld bewirkt wurde, weil dieses höher als die mit dem Abzug der Kinderfreibeträge verbundene Steuerminderung war (vgl. § 31 Satz 1 EStG).

  • Aus der Tatsache, dass der Kindesvater seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mindestunterhalts gemäß § 1612a BGB im Streitjahr 2011 nicht nachgekommen ist, ergibt sich für die Klägerin auch kein Anspruch auf Gewährung eines zusätzlichen Freibetrags in Höhe des nicht gezahlten Mindestunterhalts.

Quelle: FG Niedersachen online

Hinweis: Das Finanzgericht hat im Streitfall die Revision zum BFH zugelassen. Ein Revisionsaktenzeichen in diesem Verfahren liegt zwar noch nicht vor. In einer anderen Rechtssache (BFH-Az. NWB CAAAE-55706) ist jedoch bereits ein Verfahren zu der Rechtsfrage anhängig, ob die Besteuerung Alleinerziehender nach dem Grundtarif als Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz (der Ehe und) der Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG anzusehen ist? (siehe hierzu bereits Kanzler in NWB WAAAE-55063). Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des Finanzgerichts. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

 

Fundstelle(n):
UAAAF-12251