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Online-Nachricht - Donnerstag, 13.11.2014

Gesellschaftsrecht | Kein Notgeschäftsführer für GbR (BGH)

Für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist grundsätzlich kein Notgeschäftsführer zu bestellen ().

Hintergrund: Fehlt in einem Verein der Vorstand, so wird er in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels auf Antrag vom Amtsgericht bestellt (§ 29 BGB – Notbestellung). Diese Vorschrift ist, soweit keine Sondervorschriften bestehen, auf alle juristischen Personen des Privatrechts anwendbar, insbesondere auch auf die GmbH. Im Aktienrecht existiert eine Parallelvorschrift (§ 85 AktG).
Sachverhalt: Im Jahr 1995 gründeten A und seine Ehefrau B zusammen mit ihren vier Kindern (Beteiligte zu 1 bis 4) die M.-GbR. Sie diente der Verwaltung dreier Immobilien. Nach dem Tod des geschäftsführenden Gesellschafters A wurde die Gesellschaft satzungsgemäß mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. In der Folge kam es zum Streit über die Frage, auf wessen Konto die Mieten gezahlt werden sollten, wer über die aufgelaufenen Mieten verfügungsberechtigt und wer zur Vertretung der Gesellschaft berufen ist. Nachdem keine Einigung erzielt werden konnte, ging eine Vielzahl der Mieter dazu über, die Mieten beim Amtsgericht zu hinterlegen oder an die Beteiligte zu 1 in bar zu zahlen. Die Beteiligte zu 1 beantragte beim AG Frankfurt die Bestellung eines Notgeschäftsführers. Das Amtsgericht wies den Antrag, das OLG die Beschwerde zurück. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihren Antrag weiter.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das OLG die Bestellung eines Notgeschäftsführers abgelehnt.

  • Für eine GbR ist grundsätzlich kein Notgeschäftsführer zu bestellen, jedenfalls wenn sie keine Publikumsgesellschaft ist.

  • Für eine analoge Anwendung des § 29 BGB fehlt die rechtliche Voraussetzung, nämlich das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke.

  • Denn der Notvorstand überbrückt bei einer juristischen Person eine vorübergehende Handlungsunfähigkeit beim Fehlen eines ordentlich bestellten Vorstands.

  • Eine GbR wird bei entsprechender Sachlage jedoch nicht handlungsunfähig, weil der Wegfall des geschäftsführungsberechtigten Gesellschafters durch Tod zur Gesamtgeschäftsführungsbefugnis der verbliebenen Gesellschafter führt (§ 709 Abs. 1 BGB).

  • Dass sich die verbleibenden Gesellschafter blockieren können, ist in der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis als dem gesetzlichen Regelfall angelegt und begründet daher keine Regelungslücke.

  • Bei dringendem Handlungsbedarf, z. B. einer Gefahr für das Gesellschaftsvermögen, hat jeder Gesellschafter zudem die Befugnis, Maßnahmen zu dessen Erhaltung zu treffen (§ 744 Abs. 2 BGB analog).

Anmerkung: Für die Notwendigkeit eines Notgeschäftsführers war zudem ins Feld geführt worden, der Beteiligte zu 3 sei zeitweilig geschäftsunfähig und es bestünde daher die Gefahr der Mitwirkung eine Mitgesellschafters, die sich nachträglich als unwirksam herausstellt. Auch dies ließ der BGH nicht gelten, da dieser Gefahr durch Bestellung eines Betreuers für den geschäftsunfähigen Gesellschafter begegnet werden könne.
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
 

Fundstelle(n):
UAAAF-12212