Klagebefugnis | Wenn Einspruchsentscheidung für Hinzugezogenen bindend und nachteilig (BFH)
Der Hinzugezogene ist klagebefugt, wenn das Finanzamt dem Einspruch des Einspruchsführers in der Einspruchsentscheidung abhilft, dem Hinzugezogenen die Einspruchsentscheidung bekanntgegeben worden ist und in der Einspruchsentscheidung (bindende) Feststellungen getroffen sind, die gemäß § 174 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 4 AO im Folgeänderungsverfahren für den Hinzugezogenen zu einer nachteiligen Korrektur führen können (; veröffentlicht am ).
Der Hinzugezogene ist klagebefugt, wenn das Finanzamt dem Einspruch des Einspruchsführers in der Einspruchsentscheidung abhilft, dem Hinzugezogenen die Einspruchsentscheidung bekanntgegeben worden ist und in der Einspruchsentscheidung (bindende) Feststellungen getroffen sind, die gemäß § 174 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 4 AO im Folgeänderungsverfahren für den Hinzugezogenen zu einer nachteiligen Korrektur führen können (BFH, Urteil v. 29.4.2009 - X R 16/06).
Sachverhalt: Das Finanzamt (Revisionskläger) wollte beim Steuerpflichtigen F weitere Einnahmen ansetzen, von denen der Kläger und Revisionsbeklagte R behauptet, er habe sie F für geschuldete Unterprovisionen in bar zugewendet. Die behaupteten Provisionszahlungen hatte R zuvor in einer Selbstanzeige über unversteuert vereinnahmte Provisionseinkünfte im Zusammenhang mit Wertpapierverkäufen als Betriebsausgaben geltend gemacht. Nach einer Kontrollmitteilung schätzte das FA in einem gegenüber F erlassenen Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb hinzu. Hiergegen erhob F Einspruch. Im Einspruchsverfahren zog das FA R gemäß § 174 Abs. 5 AO hinzu. F bestritt, die Provisionseinnahmen erhalten zu haben, während R in seiner Stellungnahme im Einspruchsverfahren vortrug, er habe die Beträge an F in bar übergeben. Das FA gab dem Einspruch des F statt. Es setzte in der Einspruchsentscheidung die Steuer für das Streitjahr ohne die zuvor hinzugeschätzten Einkünfte fest. In der Begründung würdigte das FA den Sachverhalt und gelangte zu der Feststellung, R habe an F kein Bargeld übergeben. R könne weder einen Nachweis für den Empfang des Geldes durch F vorlegen noch sei erkennbar, für welche Gegenleistung R an F habe Unterprovisionen zahlen müssen. Die Einspruchsentscheidung wurde R mit Rechtsbehelfsbelehrung und dem Hinweis bekanntgegeben, diese Entscheidung entfalte ihm gegenüber Bindungswirkung. R erhob Klage beim FG. F wurde vom FG nicht zum Klageverfahren beigeladen. Das FG wies die Klage durch NWB BAAAB-60227 als unzulässig ab. R sei nicht klagebefugt gemäß § 40 Abs. 2 FGO, weil die Abhilfeentscheidung zugunsten des F ihm gegenüber keine Bindungswirkung entfalte. Ihm könne nicht eine weitergehende Befugnis zur Klage zustehen, als dem Einspruchsführer F, der nicht beschwert sei. Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Helfe es dem Einspruch des Steuerpflichtigen in der Einspruchsentscheidung ab, binde diese Entscheidung auch den Hinzugezogenen. Nach Meinung des FA sei die NWB IAAAA-93728, wenn ein Abhilfebescheid ohne dessen ausreichende verfahrensmäßige Beteiligung ergehe, im Streitfall nicht einschlägig.
Quelle: BFH online
Anmerkung: Wird eine Klage als unzulässig abgewiesen, kann das FA gleichwohl dadurch beschwert sein. Ob das der Fall ist, ist anhand der Urteilsgründe zu ermitteln. Hier hatte das FA mit der Hinzuziehung des Klägers gemäß § 174 Abs. 5 AO sich zwar die Korrekturmöglichkeit gemäß § 174 Abs. 4 AO eröffnet; die Feststellungen des Einspruchsverfahrens in einem solchen Folgeänderungsverfahren wären aber erneut zu treffen, wenn das Prozessurteil rechtskräftig würde. Die mit der Hinzuziehung zum Einspruchsverfahren angestrebte einheitliche Behandlung des Sachverhalts wurde also zu Lasten des FA vereitelt. Deshalb hat der BFH die Rechtsbehelfsbefugnis des FA vorliegend bejaht.Die Entscheidung stellt im Übrigen heraus, dass ein im Einspruchsverfahren Hinzugezogener klagebefugt ist, wenn er durch die Einspruchsentscheidung formell und materiell beschwert ist. Die materielle Beschwer ergibt sich ggf. aus Feststellungen der Einspruchsentscheidung, die dem Hinzugezogenen im ihn unmittelbar betreffenden Folgeänderungsverfahren nachteilig werden können. Maßgeblich ist hingegen nicht, ob das FA dem Einspruch abhilft (durch einen Abhilfebescheid oder eine entsprechende Einspruchsentscheidung). Anders hat der BFH den Fall beurteilt, dass der Einspruch als unzulässig verworfen worden ist (wobei auch darin unter Umständen für den Hinzugezogenen nachteilige Feststellungen enthalten sein können).
Fundstelle(n):
PAAAF-12163