Umsatzsteuer | Gebühren als durchlaufende Posten (BFH)
Gebühren für eine "zweite Leichenschau" können auch dann als durchlaufende Posten behandelt werden, wenn das Krematorium die Beträge gesamtschuldnerisch mit dem Empfänger ihrer Leistung schuldet (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG gehören die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), nicht zum Entgelt. In Abschn. 10.4 Abs. 4 Satz 1 UStAE vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Annahme eines durchlaufenden Postens ausscheidet, wenn der Unternehmer die Beträge gesamtschuldnerisch mit dem Empfänger seiner Leistung schuldet.
Sachverhalt: Nach § 15 Abs. 1 des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes (BestG NRW) ist für die Feuerbestattung einer Leiche eine Bescheinigung notwendig, aus der hervorgeht, dass der Tod nicht auf unnatürliche Weise eingetreten ist. Diese "zweite Leichenschau" ist von den Gesundheitsbehörden durchzuführen. Die Gebührensatzung der zuständigen Behörde regelte im Streitfall, dass Kostenschuldner ist, wer die Leistung selbst oder durch zurechenbares Verhalten eines Dritten veranlasst hat oder begünstigt wird. Die Klägerin betrieb ein Krematorium. Sie berechnete die Gebühren für die "zweite Leichenschau" ohne Umsatzsteuer an den jeweiligen Auftraggeber weiter.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Die Gebühren für die zweite Leichenschau sind kein Entgelt für die Durchführung einer Feuerbestattungsleistung, wenn sie das Krematorium – wie im Streitfall – im Namen und für Rechnung ihrer Auftraggeber (z.B. Bestatter oder bestattungspflichtige Erben) verauslagt.
Die zweite Leichenschau hat derjenige "veranlasst", der sie in Auftrag gibt. Denn bei einer Erdbestattung wird keine zweite Leichenschau erforderlich, sodass deren Notwendigkeit auf denjenigen zurückzuführen ist, der sich für eine Feuerbestattung entscheidet.
Die Tätigkeit der Klägerin im Hinblick auf die zweite Leichenschau hat sich hier darauf beschränkt, der durchführenden Behörde mitzuteilen, welche Leichen ihr zur Einäscherung angeliefert worden sind und die Durchführung der Leichenschau in ihren Räumlichkeiten zu dulden. Es bestehen danach keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Durchführung der zweiten Leichenschau als eigene Verpflichtung in Auftrag geben wollte.
Für die Beurteilung der Leistungsbeziehungen kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin ggf. als "Begünstigte" der Leichenschau gemäß der Gebührensatzung der zuständigen Gesundheitsbehörde Gesamtschuldnerin der anfallenden Gebühr sein könnte. Dass die Finanzverwaltung in Abschn. 10.4 Abs. 4 Satz 1 UStAE eine andere Auffassung vertritt, hat für das Finanzgericht keinen bindenden Charakter.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Eigentlich ist der Durchlaufcharakter der amtsärztlichen Gebühr für die gesetzlich vorgeschriebene Bescheinigung, dass der Tod nicht auf unnatürliche Weise eingetreten ist, offenkundig. Zu begrüßen ist die Klarstellung, dass eine Gesamtschuldnerschaft mit dem Leistungsempfänger für die Anerkennung durchlaufender Posten unschädlich ist. Die Urteilsbegründung verdeutlicht im Übrigen ein Wahlrecht, ob der Unternehmer die im Namen und für Rechnung seiner Leistungsempfänger verauslagten Beträge als Teil der Besteuerungsgrundlage erfasst wissen will oder nicht. Ein durchlaufender Posten wird hiernach zum Entgeltsteil, wenn er nicht in der Buchführung gesondert aufgezeichnet wird. In § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG ist diese Voraussetzung aus Art. 79 Buchst. c MwStSystRL zwar nicht ausdrücklich aufgenommen. § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG sei aber richtlinienkonform unter Einbeziehung dieser Voraussetzung auszulegen.
Fundstelle(n):
XAAAF-12104