Schenkungsteuer | Verzicht auf ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht (BFH)
Der BFH hat zur schenkungsteuerrechtlichen Behandlung eines vorzeitigen unentgeltlichen Verzichts auf ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht Stellung genommen. Er hat dabei u.a. klargestellt, dass bei der Besteuerung des Verzichts ein ursprünglich bei der Besteuerung des Erwerbs unberücksichtigt gebliebenen Wert des Nutzungsrecht (§ 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F.) abzuziehen ist. Das Urteil erging zur Rechtslage bis 2008 (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG in der bis zu geltenden Fassung wurde der Erwerb von Vermögen, das mit einem sog. Nießbrauchsrecht belastet war, ohne Berücksichtigung dieser Belastungen besteuert. Die Steuer, die auf den Kapitalwert dieser Belastungen entfällt, war lediglich bis zu deren Erlöschen zinslos zu stunden. Fraglich war im Streitfall die Zulässigkeit einer Doppelerfassung eines Vorbehaltsnießbrauchs an teilweise begünstigtem Vermögen im Fall des Verzichts.
Sachverhalt: Der Kläger schenkte seinem Sohn einen Gesellschaftsanteil an einer GmbH und behielt sich den Nießbrauch an dem Anteil vor. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Festsetzung der Schenkungsteuer antragsgemäß die Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG. Nach Abzug dieses Betrags vom Anteilswert verblieb ein der Besteuerung zugrunde zu legender Betrag. Der vorbehaltene Nießbrauch wurde bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht berücksichtigt. Die Nichtberücksichtigung erfolgte gemäß § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG wegen der Gewährung der Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG und im Übrigen aufgrund des in § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG geregelten Abzugsverbots. Der nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG nicht abgezogene Betrag führte lediglich zu der in dieser Vorschrift vorgesehenen Stundung der Schenkungsteuer. Mit Wirkung zum verzichtete der Kläger schließlich unentgeltlich auf das ihm zustehende Nießbrauchsrecht. Auch diesen Vorgang unterwarf das Finanzamt der Schenkungssteuer.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Der Verzicht auf den Nießbrauch ist eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Dass bei der Besteuerung des Anteilserwerbs der Wert des Nießbrauchs nicht von der Bemessungsgrundlage der Steuer abgezogen worden war, steht dem nicht entgegen.
Der Anteil am Wert des Nießbrauchs, der bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für den Anteilserwerb nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG nicht von der Bemessungsgrundlage der Steuer abgezogen wurde, ist allerdings nicht in die Bemessungsgrundlage der Steuer für den Nießbrauchsverzicht einzubeziehen.
Eine als Folge des Abzugsverbots nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG mögliche zweimalige steuerliche Erfassung des Nießbrauchs sowohl bei der Nichtberücksichtigung als Abzugsposten als auch beim späteren Verzicht, würde dem in § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG verankerten Bereicherungsprinzip widersprechen.
Eine Doppelerfassung des Nießbrauchsrechts als Folge des Abzugsverbots muss deshalb bei der Besteuerung des späteren Nießbrauchsverzichts durch den Abzug des bei der Besteuerung des nießbrauchsbelasteten Gegenstandes tatsächlich unberücksichtigt gebliebenen (Steuer-)Werts des Nutzungsrechts von der Bemessungsgrundlage (Steuerwert) für den Rechtsverzicht beseitigt werden.
Der Anteil am Wert des Nießbrauchs, der bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für den Anteilserwerb nach § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG nicht von der Bemessungsgrundlage der Steuer abgezogen wurde, ist ebenfalls nicht in die Bemessungsgrundlage der Steuer für den Nießbrauchsverzicht einzubeziehen.
Das Recht, den Nießbrauchsverzicht zu besteuern, ist hinsichtlich dieses Teilbetrags durch den Nichtabzug bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für den Anteilserwerb ebenso verbraucht wie hinsichtlich des Teilbetrags, der dabei nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG nicht abgezogen wurde.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Weil eine Zweifachbesteuerung dem Bereicherungsprinzip widerspricht, ist die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung des Nießbrauchverzichts um die nach § 25 ErbStG unberücksichtigt gebliebene Nießbrauchauflage zu vermindern, und zwar von Rechts wegen und nicht nur aus Billigkeitsgründen. Die Bedeutung der Entscheidung besteht in der Klarstellung, dass die Bemessungsgrundlage für die Steuer auf den Nießbrauchverzicht um den vollen früheren Wert des vorbehaltenen Nießbrauchs gekürzt werden muss, auch soweit er ohne Anwendung des § 25 ErbStG nach § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG anteilig nicht abziehbar gewesen wäre (im Streitfall deshalb, weil ein GmbH-Anteil geschenkt wurde und die Schenkung partiell nach § 13a ErbStG a.F. steuerfrei war).
Fundstelle(n):
RAAAF-11951