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Online-Nachricht - Mittwoch, 13.08.2014

Schadensrecht | Erhöhte Mehrwertsteuer als Schaden (BGH)

Hat ein Land gegen einen Werkunternehmer einen Schadensersatzanspruch aus Verzug, weil es eine aufgrund einer zwischenzeitlichen Erhöhung der Umsatzsteuer eingetretene Mehrbelastung nach der vertraglichen Vereinbarung zu tragen hat, stellen die damit verbundenen Steuermehreinnahmen keinen im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnenden Vermögensvorteil dar ().

Hintergrund: Bei verspäteter Fertigstellung der Leistung eines Werkunternehmers kann dem Auftraggeber ein Schadensersatzanspruch zustehen (§ 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB). Bei der Schadensermittlung werden die Vor- und Nachteile saldiert, die aus dem Schadensereignis erwachsen (sog. Vorteilsausgleich). Nach der Rechtsprechung des BGH wird ein solcher jedoch nur dann vorgenommen, wenn es sich um adäquat verursachte Vorteile handelt und die Anrechnung nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führt.
Sachverhalt: Der Kläger war von den Beklagten mit der Verbreiterung einer Bundesautobahn beauftragt worden. Fertigstellungstermin war der . Eine Abnahme der Leistungen konnte jedoch erst am erfolgen. Der Kläger rechnete seine Leistungen mit dem ab erhöhten Umsatzsteuersatz von 19% ab. Die Beklagten sind der Ansicht, dass ihnen wegen der Nichteinhaltung des Fertigstellungstermins ein Schadensersatzanspruch in Höhe der von 16 auf 19% erhöhten Mehrwertsteuer zusteht und nahmen insoweit einen Abzug von der Schlussrechnung vor. Das Berufungsgericht hat den Abzug abgelehnt, weil der Bezahlung der erhöhten Vergütung Steuermehreinnahmen gegenüberstünden. Auch wenn die Einnahmen und Ausgaben der Beklagten nach haushaltsrechtlichen Grundsätzen getrennt voneinander zu veranschlagen seien, sei für die Feststellung des Schadens eine Saldierung vorzunehmen.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Beklagten müssen sich auf den Vermögensnachteil die ihnen infolge der Umsatzsteuererhöhung zufließenden Steuermehreinnahmen nicht im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen.

  • Ein Vorteilsausgleich findet nur statt, wenn der Geschädigte aufgrund des Schadensfalls einen Vorteil erlangt, der sich so in seinem Vermögen niederschlägt, dass sich die endgültige Schadensbilanz in Höhe dieses Vorteils verringert. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

  • Die Umsatzsteuer dient wie andere Steuerarten der Deckung des Finanzbedarfs der öffentlichen Haushalte. Während der Schaden in Form der Verpflichtung zur Zahlung einer auf der Grundlage des erhöhten Umsatzsteuersatzes erhöhten Vergütung im Bereich der Straßenbaulast aufgetreten ist und sich dort vermögensmäßig zum Nachteil des Geschädigten ausgewirkt hat, erfolgt der durch Abführung der Umsatzsteuer verursachte Vermögenszuwachs in einem ganz anderen Bereich, nämlich dem des Steueraufkommens, das dem geschädigten Land nach dem Willen des Gesetzgebers unabhängig davon zusteht, auf welchen Vorgang das umsatzsteuerpflichtige Geschäft zurückzuführen ist (vgl. ­ NWB XAAAE-64823).

Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg

Fundstelle(n):
PAAAF-11794