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Online-Nachricht - Donnerstag, 31.07.2014

Berufsrecht | Irreführende Werbung bei Kooperation mit Wirtschaftsprüfer (BGH)

Es ist wettbewerbsrechtlich unzulässig, wenn sich Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater auf ihrem Briefbogen unter einer blickfangmäßigen Kurzbezeichnung als solche benennen, obwohl in Wirklichkeit nur eine Kooperation zwischen ihnen besteht. Das gilt auch dann, wenn sich die tatsächliche Form der Zusammenarbeit aus der übrigen Gestaltung des Briefbogens ergibt ().

Hintergrund: Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben u.a. über den Status und die Zulassung des Unternehmers enthält (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG).
Sachverhalt: Die Klägerin beanstandet den vom beklagten Rechtsanwalt H. verwendeten Briefbogen als irreführend im Hinblick auf die Angabe „Wirtschaftsprüfer“. Der Beklagte betreibt seine Anwaltskanzlei in Bürogemeinschaft mit dem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer M. Er verwendet auf seinen Briefbögen das Logo „HM Rechtsanwälte/Wirtschaftsprüfer/Steuerberater. Dass es sich nicht um eine Sozietät, sondern lediglich um eine Kooperation handelt ergibt sich kleingedruckt aus dem Text in der Seitenleiste des Briefbogens. Die Klägerin beantragt, dies dem Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes zu untersagen. Die Klage blieb beim LG und OLG erfolglos. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Unterlassungsantrag weiter.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Die Revision hat Erfolg. Der Unterlassungsantrag ist begründet, weil die Gestaltung des Briefbogens irreführend ist (§§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG).

  • Wird der Kurzbezeichnung einer Anwaltskanzlei wie hier ein Zusatz zur Qualifikation der Berufsträger hinzugesetzt, versteht der Verkehr dies als Hinweis darauf, dass sich in der entsprechenden Kanzlei Berufsträger dieser Qualifikation zusammengeschlossen haben.

  • Die auf dem Briefbogen blickfangmäßig hervorgehobene Bezeichnung „HM Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater“ erscheint dem Verkehr als eine solche Kurzbezeichnung einer Anwaltskanzlei (§ 9 BORA). Ihrer Gestaltung ist nicht zu entnehmen, dass es sich bei „HM“ lediglich um eine Kooperation handelt.

  • Der Beklagte ist zwar berechtigt, auf seine auf Dauer angelegte und durch tatsächliche Ausübung verfestigte Kooperation mit dem Wirtschaftsprüfer M. in geeigneter Weise hinzuweisen. Dies darf jedoch nicht so geschehen, dass den Mitgliedern seiner Kanzlei besondere Befähigungen zugewiesen werden, die allein der Kooperationspartner aufweist.

  • Diese Irreführung wird auch nicht durch die übrige Gestaltung des Briefbogens ausgeräumt. Denn die entscheidende Erläuterung „ - in Kooperation mit - “ fällt nur bei besonders aufmerksamer Lektüre des Briefbogens auf.

  • Die dadurch hervorgerufene Fehlvorstellung ist auch wettbewerbsrechtlich relevant, weil eine Kooperation dem Mandanten nicht die gleichen Vorteile bietet wie eine Sozietät (z.B. bei der Haftung und der Abwicklung des Mandats).

Anmerkung: Bei einer Kooperation werden Mandate nicht gemeinschaftlich, sondern von jedem im Rahmen der Kooperation tätigen Berufsträger gesondert angenommen. Der Ratsuchende hat nicht die Möglichkeit, die Kooperation insgesamt mit seiner Vertretung zu beauftragen, sondern nur den einen oder den anderen Kooperationspartner oder beide gesondert. Insbesondere ist bei einer Inanspruchnahme von Dienstleistungen sowohl der Rechtsanwälte wie auch des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers durch einen Mandanten im selben Fall nicht ohne weiteres deutlich, welche Kanzlei bei eventuellen Beratungsfehlern haftet.
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
 

Fundstelle(n):
JAAAF-11731