Lohnsteuer | Werbungskosten bei mehrjähriger Tätigkeit im Ausland (BFH)
Ein Arbeitnehmer, der zunächst für drei Jahre und anschließend wiederholt befristet von seinem Arbeitgeber ins Ausland entsandt worden ist, begründet dort keine regelmäßige Arbeitsstätte, auch wenn er mit dem ausländischen Unternehmen für die Dauer des Entsendungszeitraums einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat. Wird der Arbeitnehmer bei seiner Auswärtstätigkeit von Familienangehörigen begleitet, sind Aufwendungen für Übernachtungen nur anteilig als Werbungskosten zu berücksichtigen (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Zu den Erwerbsaufwendungen zählen auch beruflich veranlasste Fahrtkosten. Sie sind grds. mit den tatsächlich entstandenen Aufwendungen oder – wie von den Klägern beantragt – mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer als Werbungskosten abzugsfähig. Allerdings begrenzt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (ab der „ersten Tätigkeitsstätte“). Diese sind nur in Höhe der Entfernungspauschale abzugsfähig (0,30 € pro Entfernungskilometer).
Sachverhalt: Im Streitfall wurde ein Arbeitnehmer zunächst für drei Jahre, insgesamt aber für knapp sechs Jahre an eine ausländische Tochtergesellschaft einer deutschen Konzernmutter entsandt. In der Sache ging es darum, ob der Kläger, der mitsamt seiner Familie ins Ausland umgezogen war, seine Wohnung in Deutschland aber beibehalten hatte, die Mietaufwendungen für die Auslandswohnung sowie die Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung und der Tätigkeitsstätte im Ausland (nach Dienstreisegrundsätzen) als Werbungskosten geltend machen konnte. Neben einem befristeten Entsendungsvertrag mit der deutschen Konzernmutter schloss der Kläger zunächst einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag mit der ausländischen Tochtergesellschaft ab. Dieser Arbeitsvertrag wurde später um zwei Jahre und schließlich unbefristet verlängert. Nach Ablauf des mehrmals verlängerten Entsendezeitraums wurde der Kläger wieder - wie vor seiner Entsendung - in der betrieblichen Einrichtung der Konzernmutter eingesetzt.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Das Finanzgericht hat die Kosten des Klägers für seine Unterkunft zu Unrecht nicht und seine Aufwendungen für Fahrten von seinem ausländischen Wohnort zu seiner ausländischen Tätigkeitsstätte zu Unrecht nur begrenzt in Höhe der Entfernungspauschale zum Abzug als Werbungskosten zugelassen (s. hierzu NWB-Nachricht v. 4.2.2013).
Aufgrund der Befristung des Auslandseinsatzes in der Entsendevereinbarung und dem Fortbestehen seines - wenn auch ruhenden - inländischen Arbeitsverhältnisses hat der Kläger an seinem Beschäftigungsort keine regelmäßige Arbeitsstätte begründet. Er ist dort nicht dauerhaft, sondern vielmehr nur vorübergehend tätig gewesen.
An der vorübergehenden Natur der vorliegenden Entsendung ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger mit der ausländischen Tochtergesellschaft seines Arbeitgebers einen zunächst befristeten, später unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat. Denn die (vorübergehende) Dauer seines Auslandseinsatzes ist nicht dort geregelt, sondern bestimmt sich nach den mit seinem inländischen Arbeitgeber geschlossenen Vereinbarungen; im Streitfall der Entsendungsvereinbarung.
Damit sind die Aufwendungen des Klägers für die Fahrten zum Beschäftigungsort nicht nach der Entfernungspauschale, sondern nach Dienstreisegrundsätzen zu bemessen und als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Der Bezug einer Unterkunft am Ort der Auswärtstätigkeit begründet keine doppelte Haushaltsführung. Die Kosten hierfür sind als Übernachtungskosten in tatsächlicher Höhe abzugsfähig, wenn sie beruflich veranlasst sind; bei einer privaten Mitveranlassung sind sie - notfalls durch Schätzung - aufzuteilen.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: In diesem Fall zur lohnsteuerlichen Behandlung vorübergehend ins Ausland gesandter Arbeitnehmer, sog. „expats“, war das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur Feststellung der Höhe der Aufwendungen zurückzuverweisen. Dies entsprach ständiger Rechtsprechung des BFH. Dabei ist allerdings von Bedeutung, dass der Sachverhalt noch nach der alten Rechtslage (bis zum ) zu beurteilen war. Nach dem ab geltenden § 9 Abs. 4 EStG kommt es auf den Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ und auf die dauerhafte Zuordnung zu diesem Arbeitsplatz an. Nach § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG ist eine solche dauerhafte Zuordnung u.a. auch dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer „für die Dauer des Dienstverhältnisses“ an einer solchen Tätigkeitsstätte werden soll. Der im Streitfall festgestellte Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags für die Dauer des Entsendungszeitraums könnte sich dann für den Expatriate als steuerlich nachteilig erweisen.
Fundstelle(n):
AAAAF-11666