Kindergeld | Kein Kindergeld für behindertes Kind in Haft (BFH)
Die Behinderung eines Kindes ist für dessen Unfähigkeit zum Selbstunterhalt nicht ursächlich, wenn es sich in Untersuchungs- und anschließender Strafhaft befindet, selbst wenn die Straftat durch die Behinderung gefördert wurde (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Ein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, besteht, wenn das Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahrs, bzw. bei Eintritt der Behinderung vor dem des 27. Lebensjahrs (§ 52 Abs. 40 Satz 8 EStG), eingetreten ist (§ 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG).
Sachverhalt: Der Kläger ist Vater eines Kindes, welches infolge einer psychischen Erkrankung seit 2004 als behindert gilt. Das Kind wurde wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die es im Mai 2007 antrat. Der Kläger beantragte Kindergeld ab Januar 2004. Die Familienkasse lehnte den Antrag jedoch ab. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren holte das FG ein fachpsychiatrisches Gutachten ein, wonach das Kind infolge seiner Behinderung seit 2004 außerstande sei, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Die Familienkasse setzte daraufhin Kindergeld für den Zeitraum 1/2005-4/2007 fest. In den übrigen Zeiträumen habe das Kind selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen können bzw. sich ab Mai 2007 in Haft befunden. Das FG entschied jedoch, dass das Kind auch während der Haft Kindergeldberechtig sei, da die Behinderung ursächlich für die Inhaftierung und das Kind dadurch nicht zum Selbstunterhalt fähig sei. Im Revisionsverfahren folgte der BFH dieser Einschätzung nicht.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Für behinderte Kinder, die aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung untergebracht sind, besteht kein Anspruch auf Kindergeld
§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG stellt nicht allein darauf ab, dass ein Kind körperlich, geistig oder seelisch behindert ist. Vielmehr muss es "wegen" seiner Behinderung außerstande sein, sich selbst zu unterhalten.
Ein behindertes Kind ist jedoch imstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines gesamten existenziellen Lebensbedarfs ausreicht. Hieran fehlt es insoweit nur, wenn die Behinderung einer Erwerbstätigkeit entgegensteht und das Kind keine anderen Einkünfte und Bezüge hat.
Treten wie im Streitfall mit der Inhaftierung – andere Ursachen hinzu, ist Kindergeld selbst dann zu versagen, wenn die Begehung der zur Inhaftierung führenden Straftat behinderungsbedingt ist
Während der Haft ist ein Kind unabhängig davon, ob es behindert ist oder nicht, grundsätzlich außerstande einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Daher stehe nicht die Behinderung des Kindes der Ausübung einer Erwerbstätigkeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts entgegen, sondern die Inhaftierung.
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
IAAAF-11526