Online-Nachricht - Mittwoch, 18.06.2014

Einkommensteuer | Tarifbegünstigung für mehrjährige Tätigkeiten bei Gewinneinkünften (BFH)

Der BFH hat entschieden, dass eine Umsatzsteuererstattung infolge eines EuGH-Urteils (hier: "Linneweber/Akritidis") als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 EStG beurteilt werden kann. Der Umstand, dass der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht und diese durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, stand der Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG im Streitfall nicht entgegen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Außerordentliche Einkünfte können ermäßigt besteuert werden (sog. Fünftelungsregelung). Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht, wobei eine Tätigkeit mehrjährig ist, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
Sachverhalt: Mit Urteil v. (Rs. C-453/02 und C-462/02 "Linneweber/Akritidis") stellte der EuGH klar, dass die 6. EG-Richtlinie einer Umsatzbesteuerung des Betriebs von Glücksspielen außerhalb öffentlicher Spielbanken entgegensteht, wenn gleichzeitig der Betrieb solcher Glücksspiele durch öffentliche Spielbanken steuerfrei ist. In Folge dieser Entscheidung erstattete das Finanzamt dem Kläger Umsatzsteuer in erheblicher Höhe. Fraglich war, ob diese als Einmalbetrag im Jahr 2005 ausbezahlte Erstattung für die Jahre 1997 bis 2002 als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern ist?
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • "Vergütung" i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG kann jeder Vorteil von wirtschaftlichem Wert sein, den der Steuerpflichtige im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart erzielt.

  • Die gebotene Einschränkung des weiten Tatbestands des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG wird dadurch bewirkt, dass die begünstigten Einkünfte "außerordentliche" sein müssen, wozu auch gehört, dass die Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine entsprechende Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt.

  • Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist auch bei Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beziehen und diese durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, nicht von vornherein ausgeschlossen.

  • Der Ertrag aufgrund der geballten Nachaktivierung von Umsatzsteuer-Erstattungsansprüchen für sechs Jahre, die darauf beruhen, dass der EuGH die gesamte Tätigkeit des Steuerpflichtigen für umsatzsteuerfrei hält, ist bei einem bilanzierenden Gewerbetreibenden als tarifbegünstigte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten anzusehen.

  • Forderungen, die am maßgebenden Bilanzstichtag vom jeweiligen Schuldner noch bestritten werden, dürfen nicht aktiviert werden.

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Der VIII. Senat des BFH hat kürzlich entschieden, dass § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auf Erstattungszinsen nach § 233a AO nicht anzuwenden ist (Urteil v. - NWB DAAAE-55052, unter II.3.). Diese Entscheidung ist – so der BFH in seinen Entscheidungsgründen – für die Beurteilung des vorliegenden Falles ohne Bedeutung, weil der nachaktivierte Betrag sich nach den Feststellungen des Finanzgerichts im Streitfall ausschließlich auf einen Steuererstattungsanspruch, nicht aber auf Erstattungszinsen bezieht.
 

Fundstelle(n):
NWB DAAAF-11519