Arbeitsrecht | Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 AGG (BAG)
Die nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen (§ 15 Abs. 1 und 2 AGG) kann auch durch eine Klage gewahrt werden. Dabei findet § 167 ZPO Anwendung. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage "demnächst" zugestellt wird ().
Sachverhalt: Die Beklagte betreibt Hallen- und Freibäder. Die Klägerin ist wegen einer Erkrankung an multipler Sklerose (MS) mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 schwerbehindert. Nach dreijähriger Ausbildung zur Fachangestellten für Bäderbetriebe bewarb sie sich um eine entsprechende Stelle bei der Beklagten, die ihr einen befristeten Arbeitsvertrag als Elternzeitvertretung in Aussicht stellte. Anlässlich einer Besichtigung des zukünftigen Arbeitsplatzes teilte die Klägerin ihre Behinderung mit. Die Beklagte zog daraufhin das Vertragsangebot zurück. Wegen der Behinderung sei die Klägerin nicht in der Lage, die Tätigkeit auszuüben. Die Klägerin erhob ohne gesonderte außergerichtliche Geltendmachung Klage auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG, die der Beklagten einen Tag nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG zugestellt wurde. In erster Instanz wurde der Klage stattgegeben, in zweiter Instanz wegen Nichteinhaltung der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG abgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte Erfolg:
Der Senat hat zu Gunsten der Klägerin eine Rückwirkung der Zustellung nach § 167 ZPO angenommen.
Dafür hat sich das Gericht der geänderten Rechtsprechung des BGH ( NWB AAAAC-89446) angeschlossen.
Danach ist § 167 ZPO grundsätzlich auch anwendbar, wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden könnte.
Nur in Sonderfällen kommt die Rückwirkungsregelung nicht zur Anwendung.
Im Fall des § 15 Abs. 4 AGG ist keine solche Ausnahme gegeben. Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Hinweis: Mit seiner Entscheidung hält der Senat an seiner früher als obiter dictum geäußerten gegenteiligen Auffassung ( NWB AAAAE-20219 - Rn. 27) nicht mehr fest.
Quelle: BAG, Pressemitteilung v.
Fundstelle(n):
NAAAF-11413