Zivilrecht | Schadenersatz wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht (OLG)
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat einen Personalberater zu Schadenersatz verurteilt, weil er einer abgelehnten Bewerberin mitteilte, dass sein Auftraggeber sie als Frau nicht einstellen wollte (OLG Frankfurt am Main, Urteil v. - 16 U 175/13, rkr).
Sachverhalt: Die Klägerin - ein Maschinenfabrikationsunternehmen - beauftragte den Beklagten - einen Personalberater - im Jahr 2012 mit der Suche nach einer geeigneten Persönlichkeit für die Position eines technischen Verkäufers in ihrem Hause. Nachdem der Beklagte die Unterlagen einer Bewerberin übersandte, teilte der Personalleiter der Klägerin ihm mit, dass man für die Position keine Frau wünsche. Als der Beratungsvertrag zwischen den Parteien beendet war und der Beklagte sein Honorar erhalten hatte, teilte dieser der Bewerberin mit, dass die Klägerin keine Frau einstellen wolle. Zugleich bezeichnete er das Verhalten der Klägerin als skandalös und diskriminierend und riet der Bewerberin, sich wegen eines möglichen Schadenersatzes an einen Rechtsanwalt zu wenden. In der Tat verklagte die abgelehnte Bewerberin die Klägerin wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). In dem arbeitsgerichtlichen Verfahren schloss die Klägerin mit der Bewerberin einen Vergleich über eine Entschädigung in Höhe von 8.500 €. Diesen Betrag sowie weitere Folgekosten - insgesamt rund 11.500 € - fordert sie im vorliegenden Verfahren von dem Beklagten mit der Begründung zurück, dieser habe seine vertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung ihr gegenüber verletzt.
Das OLG hat den Beklagten zum Ersatz eines Drittels des der Klägerin entstandenen Schadens verurteilt:
Der Beklagte ist schadenersatzpflichtig, weil er seine vertraglichen Verschwiegenheits- und Treuepflichten gegenüber der Klägerin verletzt hat.
Es liegt in der Natur der Sache, dass der Beklagte vertraglich verpflichtet war, über die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt werdenden Informationen Stillschweigen zu bewahren.
Dies gilt umso mehr, als der Beklagte im Vorfeld - auf einem von ihm in Umlauf gebrachten Flyer - mit seiner strikten Diskretion geworben hatte.
Diese Verschwiegenheits- und Treuepflicht hat der Beklagte verletzt, indem er der abgelehnten Bewerberin die Gründe für die Absage mitgeteilt und auf einen Verstoß gegen das AGG hingewiesen hat.
Der Beklagte war nicht zur Weitergabe dieser Gründe berechtigt. Zwar wird im Arbeitsrecht die Erstattung einer Strafanzeige des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber als zulässig erachtet. Der Beklagte hat allerdings keine Strafanzeige wegen einer möglichen Straftat der Klägerin erstattet, sondern der Bewerberin einen Verstoß gegen das AGG mitgeteilt.
Ein solcher Verstoß stellt nach dem Willen des Gesetzgebers keine Straftat dar, sondern führt lediglich zu einem zivilrechtlichen Entschädigungsanspruch des Betroffenen.
Geht es allein um einen zivilrechtlichen Sachverhalt, kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, im Interesse der Allgemeinheit gehandelt zu haben.
Unabhängig davon ist das Verhalten des Beklagten auch nicht deshalb schutzwürdig, weil es unverhältnismäßig gewesen ist. Der Beklagte hat die abgelehnte Bewerberin regelrecht angestachelt, seine Auftraggeberin wegen einer Entschädigung in Anspruch zu nehmen.
Dennoch kann die Klägerin nur ein Drittel des ihr entstandenen Schadens von dem Beklagten ersetzt verlangen - denn sie muss sich ein überwiegendes Mitverschulden anrechnen lassen, da sie die wesentliche Ursache für den Schaden durch ihren Verstoß gegen das AGG selbst gesetzt hat.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v.
Fundstelle(n):
ZAAAF-11354