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Online-Nachricht - Dienstag, 22.04.2014

Berufsrecht | Pflicht zur Prüfung der Sozialversicherungspflicht (LSG)

Der mit der Lohnabrechnung beauftragte steuerliche Berater muss im Einzelfall auch prüfen, ob eine Befreiung von der Versicherungspflicht besteht, wenn Beiträge nicht abgeführt werden sollen. Unterlässt er diese Prüfung, so wird sein Verschulden dem Arbeitgeber zugerechnet ().

Hintergrund: Selbständige sind (mit Ausnahme einiger Berufsgruppen) im Gegensatz zu abhängig Beschäftigen nicht sozialversicherungspflichtig (§ 2 SGB VI). Ob ein GmbH-Geschäftsführer Beiträge zur Sozialversicherung leisten muss, kann nicht pauschal, sondern nur anhand der Gegebenheiten des Einzelfalls entschieden werden. Die Abgrenzung richtet sich im Wesentlichen nach dem von ihm übernommenen Unternehmerrisiko und seinem Entscheidungsspielraum.
Sachverhalt: Die Klägerin ist ein Zusammenschluss von Körperschaften zur Tourismusförderung im Landkreis B., deren Fremdgeschäftsführer für die Vornahme von Geschäfts- und Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgingen, der Zustimmung des Aufsichtsrats bedurfte. Die Trägerin der Sozialversicherung forderte von der Klägerin mit Bescheid vom die Nachzahlung von Beiträgen samt Säumniszuschlägen in Höhe von rund 68.000 €. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Der beigeladene Geschäftsführer teilt die Auffassung der Klägerin; er sei im Übrigen weder seitens des Steuerbüros noch des Aufsichtsrats auf eine etwaige Versicherungspflicht hingewiesen worden. Das SG wies die Klage ab. Der Beigeladene sei an der Klägerin nicht beteiligt und abhängig beschäftigt gewesen. Bereits nach seinem Arbeitsvertrag habe er den Ort der Arbeitsausführung nicht selbst bestimmen können; viele seine Geschäfte seien zustimmungsbedürftig gewesen, so dass er grob fahrlässig von einer selbständigen Beschäftigung ausgegangen sei. Diese werde der Klägerin zugerechnet (§ 31 BGB analog). Auch ein Verschulden des steuerlichen Beraters sei dem Arbeitgeber zuzurechnen.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

  • Der steuerliche Berater, der im Auftrag des Arbeitgebers die Lohnabrechnungen besorgt, muss grundsätzlich prüfen, ob eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorliegt.

  • Unklarheiten muss er durch Rückfragen ausräumen und bei Zweifeln auf die Einschaltung eines geeigneten Beraters hinwirken (vgl. NWB HAAAC-00262).

  • Hier haben die Betroffenen gegen die jedem unmittelbar einleuchtende Pflicht verstoßen, die Frage einer etwaigen abhängigen Beschäftigung prüfen zu lassen.

Anmerkung: In der Praxis empfiehlt es sich dringend, im Zweifelsfall bei der DRV Bund eine Entscheidung zu beantragen, ob eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
 

Fundstelle(n):
MAAAF-11260