Einkommensteuer | Unterstützung von Angehörigen im Ausland - Erwerbsobliegenheit (FG)
Die Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit von Angehörigen im Ausland dürfen nicht überspannt werden. Danach müssen zur Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten objektiv erzielbar sein, was von seinen persönlichen Voraussetzungen wie beispielsweise Alter, beruflicher Qualifikation, Erwerbsbiographie, Gesundheitszustand und dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängt (; Revision anhängig).
Hintergrund: Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag des Steuerpflichtigen die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 7.680 € (aktuell 8.354 €) im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG).
Sachverhalt: Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Unterstützungszahlungen der Klägerin an ihre in Russland lebende Mutter nicht. Zur Begründung stützte es sich auf die Rechtsauffassung des BMF, wonach bei im Ausland lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter bis 65 Jahre grds. davon auszugehen sei, dass diese ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen. Sie treffe eine Erwerbsobliegenheit. Im Streitfall lebte die Mutter der Klägerin alleine. Sie war nicht erwerbstätig. Vermögen hatte sie nicht. Die Mutter pflegte im Streitjahr zeitweise ihre eigene 1926 geborene pflegebedürftige Mutter (die Großmutter der Klägerin). Diese lebte alleine in der Ukraine. An drei Werktagen pro Woche erhielt die Großmutter Besuch von Mitarbeitern eines ambulanten Pflegdienstes. Ansonsten übernahmen die Nachbarn der Großmutter auf freiwilliger Basis die Pflege. Dabei kam es allerdings immer wieder zu plötzlichen und unerwarteten Engpässen. In solchen Fällen reiste die Mutter der Klägerin jeweils kurzfristig an, um die Pflege zu übernehmen.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:
Nach der neueren BFH-Rechtsprechung sind Personen im arbeitsfähigen Alter, die die zum Bestreiten des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Quellen, insbesondere ihre Arbeitskraft nicht ausschöpfen, nicht bedürftig im Sinne des § 1602 Abs. 1 BGB. Selbst wenn am Wohnort Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung geherrscht hat, darf daraus nicht ohne nähere Ermittlungen geschlossen werden, die unterstützte Person habe trotz Bemühens keine Arbeitsstätte, zumindest in der Form von Gelegenheitsarbeit, gefunden.
Die Anforderungen dürfen allerdings nicht überspannt werden. Das ) hat sich kürzlich mit der Erwerbsobliegenheit im Zusammenhang mit der vergleichbaren Fragestellung befasst, ob der Unterhaltspflichtige gemäß § 1603 Abs. 1 BGB leistungsfähig ist.
Der Senat ist im Streitfall davon überzeugt, dass sich die Mutter der Klägerin im Streitjahr durchgängig nicht um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen brauchte. Darüber besteht kein Streit für die Zeiträume, in denen die Mutter der Klägerin ihre eigene Mutter gepflegt hat. Für den Rest des Streitjahres gilt nichts anderes. Der eigene Einsatz der Mutter war nach Lage der Dinge unverzichtbar. Für die Mutter der Klägerin war nicht im Vorhinein absehbar, wann sie das nächste Mal zu ihrer Mutter reisen musste und wie lange die Anwesenheit dort erforderlich.
Quelle: FG Köln online
Anmerkung: Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH zugelassen (BFH-Az. VI R 5/14). Es ist der Ansicht, dass im Streitfall hier die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Bisher hat er - soweit ersichtlich - nur wenige Fälle entschieden, in denen das Erfordernis der Erwerbsobliegenheit von Angehörigen im Ausland für einzelne Fallgruppen - Altersgrenze, Krankheit oder Behinderung beim Angehörigen bzw. bei Personen, denen er unterhaltspflichtig ist - näher präzisiert werden konnte. Dass dies möglich ist und von der Finanzverwaltung entsprechend praktiziert wird, zeige das (BStBl I 2010, 588; NWB DokID: NWB PAAAD-45075). Den vollständigen Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des Finanzgerichts. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Fundstelle(n):
KAAAF-11226