Online-Nachricht - Mittwoch, 29.01.2014

Einkommensteuer | Pauschale Lohnsteuerpflicht des Arbeitgebers für Sonderleistungen (BFH)

Der BFH hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob es mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, dass der Arbeitgeber für bestimmte Lohneinkünfte seiner Arbeitnehmer zwangsweise pauschale Lohnsteuer zu zahlen hat, durch die er selbst definitiv belastet wird (BFH, Beschlüsse v. - VI R 49/12 sowie VI R 50/12; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Zahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse führen regelmäßig bei den begünstigten Arbeitnehmern zu Arbeitslohn. Dies gilt seit dem JStG 2007 nicht nur für laufende Zahlungen, sondern auch für Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber leisten muss, wenn er eine Versorgungseinrichtung - im Streitfall die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) - verlässt. Diese sog. Gegenwertzahlungen werden erhoben, weil der aus der Pensionskasse ausscheidende Arbeitgeber künftig keine Umlagezahlungen mehr an die Pensionskasse leistet, diese jedoch die Betriebsrenten fortzuzahlen hat. Gegenwertzahlungen unterliegen gemäß § 40b EStG einer pauschalen Lohnsteuer von 15%. Obwohl es sich um Lohneinkünfte der Arbeitnehmer handelt, bestimmt das Gesetz (§ 40b Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 EStG), dass der Arbeitgeber diese Steuer zu erbringen und endgültig zu tragen hat.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die Regelung des § 40b Abs. 4 EStG verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil hierdurch der Arbeitgeber - abweichend von allen anderen im EStG geregelten Fällen - verpflichtet wird, die Einkommensteuer für Einkünfte zu entrichten, die ein anderes Steuersubjekt erzielt hat.

  • Während bei allen anderen Steuerpflichtigen Maßstab für die Besteuerung ihr eigenes verfügbares Einkommen ist, wird die Einkommensteuer in § 40b Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 40 Abs. 3 Satz 1 EStG nach den Einkünften eines Dritten bemessen.

  • Damit wird das Gebot, die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten, in krasser Weise verfehlt. Gründe, die so gewichtig sind, dass sie diese Benachteiligung des Arbeitgebers rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.

  • Die Ungleichbehandlung kann insbesondere nicht mit den Eigentümlichkeiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens begründet werden, denn die Lohnsteuer ist nur eine an der Quelle erhobene Einkommensteuer, die der Arbeitnehmer als derjenige schuldet, der die Einkünfte erzielt.

  • Zwar ermöglicht das Einkommensteuergesetz eine Pauschalierung der Lohnsteuer auch für andere Leistungen des Arbeitgebers (§§ 40 bis 40b EStG). In allen diesen Fällen hat der Arbeitgeber jedoch die Wahl, ob er die Lohnsteuer vom Gehalt des Arbeitnehmers auf dessen Rechnung einbehält oder ob er die pauschale Besteuerung wählt und damit selbst Schuldner der Lohnsteuer wird und damit definitiv belastet wird.

  • Diese Wahlmöglichkeit besteht bei den in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 EStG genannten Sonderzahlungen nicht.

Anmerkung: Der BFH hat sich in seiner Vorlage nicht der Auffassung des Arbeitgebers angeschlossen, bereits die Qualifizierung dieser Zahlungen als Lohneinkünfte der Arbeitnehmer sei verfassungswidrig. Ebenso wenig hat er die Bedenken des Arbeitgebers geteilt, es sei mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, dass Gegenwertzahlungen steuerpflichtig, Sanierungsgelder dagegen steuerfrei seien. Sanierungsgelder erhebt die VBL von ihren Mitgliedern über die gewöhnlichen Umlagen hinaus zur Deckung eines zusätzlichen Finanzierungsbedarfs, z.B. wegen gestiegener Lebenserwartung der Rentner, für die vor dem begründeten Anwartschaften und Ansprüche. Die Privilegierung der Gegenwertzahlung gegenüber den Sanierungsgeldern sei - so der BFH - durch hinreichende Gründe gerechtfertigt, weil ohne die Steuerfreiheit der Sanierungsgelder der Systemwechsel der VBL zum sog. Punktemodell gefährdet gewesen, das bisherige Gesamtversorgungssystemen auf Dauer aber nicht mehr finanzierbar gewesen wäre.
Quelle: BFH, Pressemitteilung v. sowie NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
FAAAF-10889