Umsatzsteuer | Ein Pferd, die Umsatzsteuer und das Unionsrecht (BFH)
Sieht das nationale Recht für eine Leistung den ermäßigten Steuersatz vor, während sie nach dem Unionsrecht dem Regelsteuersatz unterliegt, kann sich der zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfänger auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts berufen und - bei Vorliegen der weiteren z.B. rechnungsmäßigen Voraussetzungen - den Vorsteuerabzug nach dem für ihn günstigeren Regelsteuersatz in Anspruch nehmen (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Die Entscheidung betrifft die Abgrenzung zwischen Spring- und Schlachtpferden. Nach dem nationalen Recht für das Streitjahr unterlag die Lieferung aller Pferde dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V. mit der Anlage 2 Nr. 1 Buchst. a). Unionsrechtlich ist dies aber nur für die Lieferung der zum Verzehr bestimmten Schlachtpferde, nicht aber auch für Springpferde zulässig (s. NWB BAAAD-86560, Kommission/Deutschland).
Sachverhalt: Im Streitfall hatte der Kläger ein Springpferd erworben, das er als Unternehmer für sein Gestüt verwendete. Der Verkäufer hatte hierfür Umsatzsteuer nach dem Regelsteuersatz berechnet. Das Finanzamt beanstandete den Vorsteuerabzug beim Kläger, da nur die gesetzlich geschuldete Steuer zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die gesetzlich geschuldete Steuer bestimme sich nach nationalem Recht. Danach unterliege die Lieferung aller Pferde dem ermäßigten Steuersatz. Eine Berufung auf das Unionsrecht komme nicht in Betracht, da dieses für die Lieferung des Pferdes zu einer höheren Steuer führe und daher nicht günstiger sei. Dieser Auffassung war auch das Finanzgericht.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Nach dem sog. Anwendungsvorrang ist Unionsrechts anzuwenden, wenn es für den jeweiligen Unternehmer vorteilhafter ist.
So wie im Streitfall: Für den Kläger als Abnehmer des Springpferdes ist es günstiger, den Vorsteuerabzug nach dem höheren Regelsteuersatz in Anspruch zu nehmen, statt zum Vorsteuerabzug nur im Umfang des ermäßigten Steuersatzes berechtigt zu sein und den steuerlichen Differenzbetrag vom Verkäufer zurückfordern zu müssen.
Daher kann der Kläger geltend machen, dass sich die gesetzlich geschuldete Steuer nach dem Unionsrecht bestimmt. Es kommt demgegenüber nicht darauf an, ob das nationale Recht auch für den Verkäufer vorteilhafter ist als das Unionsrecht.
Quellen: NWB Datenbank und BFH, Pressemitteilung Nr. 3/2014
Hinweis: Am ist das Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und von steuerlichen Vorschriften im BGBl verkündet worden. Dabei erfolgte u.a. eine Änderung des UStG zur Aufhebung des ermäßigten Steuersatzes für sämtliche Lieferungen, Einfuhren und innergemeinschaftlichen Erwerben von Pferden. Pferdelieferungen werden seitdem auch in Deutschland dem Regelsteuersatz von derzeitig 19% unterworfen.
Fundstelle(n):
MAAAF-10813