Einkommensteuer | Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen (BFH)
Der BFH hat klargestellt, dass bei der steuerrechtlich erforderlichen Prüfung der Fremdüblichkeit von zwischen nahen Angehörigen vereinbarten Vertragsbedingungen großzügigere Maßstäbe anzulegen sind, wenn der Vertragsschluss (hier ein Darlehen) unmittelbar durch die Erzielung von Einkünften veranlasst ist (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen sind in der Praxis ein beliebtes Instrument der Einkommensverlagerung, vor allem von Eltern auf ihre Kinder. Die Einkommensverlagerung ist perfekt, wenn die Darlehenszinsen beim Schuldner – häufig Eltern bzw. ein Elternteil – als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind. Der Darlehensgläubiger, oft das Kind, muss die ihm gutgebrachten Darlehenszinsen zwar als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern, Sparer-Pauschbetrag und Tarifvorteile führen aber häufig zu nicht unerheblichen Steuerersparnissen bzw. zu überhaupt keiner Steuerbelastung. Die Finanzverwaltung steht Darlehensvereinbarungen unter nahen Angehörigen daher oft argwöhnisch gegenüber (s. hierzu Schoor in NWB HAAAD-87517).
Sachverhalt: Der Kläger betrieb eine Bäckerei. Er erwarb von seinem Vater umfangreiches Betriebsinventar. In Höhe des Kaufpreises gewährte der Vater dem Kläger ein verzinsliches Darlehen; diese Forderung trat der Vater sogleich an seine Enkel, die seinerzeit minderjährigen Kinder des Klägers, ab. Der Darlehensvertrag sah vor, dass die jährlichen Zinsen dem Darlehenskapital zugeschrieben werden sollten. Beide Seiten sollten den Vertrag ganz oder teilweise mit einer Frist von sechs Monaten kündigen können. Das Finanzamt erkannte die Zinsaufwendungen nicht als Betriebsausgaben an. Das Finanzgericht bestätigte diese Auffassung mit der Begründung, die Vereinbarungen über das Stehenlassen der Zinsen, die kurzfristige Kündigungsmöglichkeit und das Fehlen von Sicherheiten seien nicht fremdüblich. Dem ist der BFH nicht gefolgt.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Der Fremdvergleich ist strikt vorzunehmen, wenn die Darlehensmittel dem Darlehensgeber zuvor vom Darlehensnehmer geschenkt worden sind. Gleiches gilt, wenn in einem Rechtsverhältnis, für das die laufende Auszahlung der geschuldeten Vergütung charakteristisch ist, die tatsächliche Auszahlung durch eine Darlehensvereinbarung ersetzt wird.
Dient das Angehörigendarlehen hingegen der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern und ist die Darlehensaufnahme daher unmittelbar durch die Einkunftserzielung veranlasst, tritt die Bedeutung der Unüblichkeit einzelner Klauseln des Darlehensvertrags zurück. Entscheidend sind in diesen Fällen vielmehr die tatsächliche Durchführung der Zinsvereinbarung und die fremdübliche Verteilung der Vertragschancen und -risiken.
Maßstab für den Fremdvergleich sind jedenfalls bei solchen Darlehensverträgen zwischen Angehörigen, die nicht nur dem Interesse des Schuldners an der Erlangung zusätzlicher Mittel außerhalb einer Bankfinanzierung dienen, sondern auch das Interesse des Gläubigers an einer gut verzinslichen Geldanlage berücksichtigen, nicht allein die Vertragsgestaltungen, die zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich sind, sondern ergänzend auch Vereinbarungen aus dem Bereich der Geldanlage (gegen NWB WAAAD-58971, Rz 4 Satz 3).
Anmerkung: Da der Kläger im Streitfall ohne das Angehörigendarlehen den Mittelbedarf für seine betriebliche Investition bei einem Kreditinstitut hätte decken müssen, hätte das Finanzgericht bei der Durchführung des Fremdvergleichs großzügigere Maßstäbe anlegen müssen als in Fällen, in denen z.B. Eigenmittel dem Betrieb entnommen und als Angehörigendarlehen zurückgewährt werden. Bei der hier zu beurteilenden Fallgruppe können einzelne unübliche Klauseln durch andere Vereinbarungen kompensiert werden, solange gewährleistet ist, dass die Vertragschancen und -risiken insgesamt in fremdüblicher Weise verteilt sind. So kann beispielsweise das Fehlen von Sicherheiten jedenfalls bei kurzfristiger Kündigungsmöglichkeit durch einen höheren Zinssatz ausgeglichen werden. Eine abschließende Entscheidung war dem BFH hier nicht möglich, weil das Finanzgericht nicht festgestellt hatte, ob bzw. wann die Zinsen tatsächlich an die Kinder des Klägers ausgezahlt worden sind.
Quellen: NWB Datenbank und BFH, Pressemitteilung Nr. 90/2013
Fundstelle(n):
ZAAAF-10706