Gesellschaftsrecht | Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils wegen Gesellschafterstreits (BGH)
Ein Geschäftsanteil kann nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags (hier: Vorliegen eines wichtigen Grunds) eingezogen werden. Die Rechtmäßigkeit der Einziehung bedarf einer umfassenden Prüfung aller Umstände des Einzelfalls und einer Gesamtabwägung der beteiligten Interessen sowie des Verhaltens der übrigen Gesellschafter durch den Tatrichter ().
Hintergrund: Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist; gegen den Willen des Anteilsberechtigten findet sie nur statt, wenn ihre Voraussetzungen bereits vor dem Erwerb des Geschäftsanteils im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren (§ 34 GmbHG).
Sachverhalt: Der Kläger war zusammen mit drei Mitgesellschaftern Gründer der beklagten GmbH, die ein Kino betreibt. Alle Gesellschafter waren jeweils mit 25 % beteiligt und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass die Gesellschafter die Einziehung von Geschäftsanteilen beschließen können, wenn in der Person eines Gesellschafters ein wichtiger Grund gegeben ist, der seine Ausschließung aus der Gesellschaft rechtfertigt. Nach dem Scheitern einer persönlichen Beziehung des Klägers mit einer Mitgesellschafterin kam es zu Spannungen zwischen den Gesellschaftern. Dem Kläger wurde vorgeworfen, seine Pflichten verletzt zu haben. Nachdem er deshalb dreimal anwaltlich abgemahnt worden war, einigten sich die Gesellschafter darauf, dass der Kläger bis auf weiteres bezahlten Urlaub nehmen dürfe und sich währenddessen jeglicher Geschäftsführertätigkeit enthalte. Hieran hielt sich der Kläger nicht und wurde deshalb in einer Gesellschafterversammlung als Geschäftsführer abberufen. In einer weiteren Versammlung beschlossen die Gesellschafter in Abwesenheit des Klägers einstimmig, dessen Geschäftsanteile aus wichtigem Grund einzuziehen und den Kläger auszuschließen, weil sein weiteres Verbleiben in der Gesellschaft aufgrund seines Verhaltens untragbar sei. Der Kläger hat beantragt, diese Beschlüsse für nichtig zu erklären. Nachdem das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hatte, stellte der BGH das klageabweisende Urteil des Landgerichts wieder her.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:
Die Revision hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage, weil in der Person des Klägers ein wichtiger Grund zur Ausschließung vorlag. An diese Voraussetzung knüpft die Satzung der Beklagten die Zwangseinziehung in zulässiger Weise.
Die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist in erster Linie Aufgabe des Tatrichters, der die dafür maßgebenden Umstände umfassend feststellen, würdigen und abwägen muss.
Die revisionsgerichtliche Prüfung erstreckt sich nur darauf, ob das Tatsachengericht den wichtigen Grund richtig erfasst, ob es aufgrund vollständiger Sachverhaltsermittlung geurteilt und ob es sämtliche Umstände in seine Wertung einbezogen hat.
Ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters setzt im Falle eines - wie hier vorliegenden - tiefgreifenden Zerwürfnisses voraus, dass dieses von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist und in der Person der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen, die deren Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen. Diese Voraussetzungen lagen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor.
Anmerkung: Nach der Einziehung steht dem Gesellschafter eine Abfindung zu. Deren Berechnung ist meist im Gesellschaftsvertrag geregelt. In Frage kommt eine Abfindung mit dem Verkehrswert des bilanzierten Vermögens, mit dem steuerlichen Wert, mit dem Buchwert oder dem Nominalwert.
Quelle. NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
Fundstelle(n):
VAAAF-10609