Steuerstrafrecht | Zur Abgabefrist nach Kündigung des Steuerberatermandats (BGH)
Mit der Abberufung als Geschäftsführer einer GmbH endet zugleich auch dessen Pflicht zur Abgabe der entsprechenden Jahressteuererklärungen für die Gesellschaft. Hat dieser dabei kurz zuvor noch das entsprechende Mandat des steuerlichen Beraters fristlos gekündigt, ohne zugleich einen neuen Steuerberater zu beauftragen, dann wirkt die allgemein bei Beauftragung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe pauschal gewährte Fristverlängerung ungeachtet dessen fort, d.h. der Eintritt der an einen Fristablauf geknüpften (strafrechtlichen) Rechtsfolgen bleibt hinausgeschoben ().
Hintergrund: Grds. sind die Erklärungen zur Einkommen-, Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer bis zum 31.5. abzugeben. Sofern die Erklärungen durch einen Steuerberater angefertigt werden, wird die Frist allgemein bis zum 31.12. verlängert. Es bleibt den Finanzämtern jedoch vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern (vgl. z.B. Gleich lautende Erlasse v. ; NWB DokID: NWB LAAAE-26225).
Sachverhalt: Der Angeklagte war Geschäftsführer einer GmbH. Am wurde er abberufen. Die GmbH wurde zunächst durch einen Steuerberater beraten. Diesem war u.a. die laufende Finanz- und Lohnbuchhaltung übertragen. Am kündigte der Angeklagte das Steuerberatermandat mit sofortiger Wirkung. Einen neuen Berater bestellte er nicht. Vielmehr beantragte er nur wenige Tage später die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die GmbH. Das Landgericht hatte dem Geschäftsführer vorgeworfen, er hätte nach der Kündigung des Steuerberatermandats und vor seiner Abberufung noch die entsprechenden Jahressteuererklärungen der GmbH für 2007 abgeben müssen, da die (zunächst) pauschal gewährte Fristverlängerung bis zum mit der Kündigung des Mandats wieder entfallen sei und die (sofortige) Abgabepflicht wieder auflebe.
Hierzu führte der BGH weiter aus:
Die Verurteilung des Angeklagten wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Nichtabgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung und wegen versuchter Hinterziehung von Körperschaft- und Gewerbesteuer betreffend die GmbH hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Pflicht des Angeklagten, die fraglichen Steuererklärungen einzureichen, war mit seiner Abberufung als Geschäftsführer am entfallen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er aber noch nicht i.S.v. § 22 StGB zur Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) angesetzt, weil die von ihm einzuhaltende Erklärungsfrist für diese Steuererklärungen noch nicht abgelaufen war.
Durch die Verlängerung der Abgabefrist bis zum 31.12. wurde der Eintritt der an den Fristablauf geknüpften Rechtsfolgen hinausgeschoben. Die vom Angeklagten am ausgesprochene Kündigung der Beauftragung des Steuerberaters führte nicht zum Versuchsbeginn i.S.v. § 22 StGB.
Dem Angeklagten hätte im Streitfall nach Kündigung des Mandatsverhältnisses - unter Abkürzung der Fristverlängerung - eine angemessene Frist zur Einreichung der Steuererklärung eingeräumt werden müssen. Da der Angeklagte von sich aus das Mandatsverhältnis beendet hatte, ohne einen neuen Steuerberater zu beauftragen, hätte diese Frist auch kurz sein können.
Innerhalb der hier lediglich verbleibenden fünf Tage zwischen Mandatskündigung gegenüber dem Steuerberater und der Abberufung als Geschäftsführer hätte jedoch von den Finanzbehörden die Abgabe der ausstehenden Steuererklärungen nicht gefordert werden dürfen.
Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Die Verlängerung der Abgabefrist und damit ein Hinausschieben des Beginns der Versuchsstrafbarkeit setzt – darauf weist das Gericht klarstellend hin – voraus, dass ein Steuerberater tatsächlich mit der Erstellung der Steuererklärung beauftragt wird. Der bloße Wille oder die Möglichkeit einer Beauftragung reiche hierfür (noch) nicht aus.
Fundstelle(n):
FAAAF-10568