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Online-Nachricht - Donnerstag, 24.10.2013

Einkommensteuer | Standby-Zimmer eines Piloten als Wohnsitz (BFH)

Zwar erfordert der Begriff der Wohnung i.S. von § 8 AO, dass die Wohnung nach ihrer Größe über das bloße Übernachten hinaus ein Verweilen in den Räumen als eine zumindest bescheidene Bleibe gestattet. Ist dies jedoch zu bejahen, so kann eine Wohnnutzung nicht deshalb in Abrede gestellt werden, weil der Steuerpflichtige seine Nutzung auf den Aufenthalt in den Räumen zum Zwecke der Übernachtung beschränkt (, nv; Veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 8 AO hat jemand (d.h. eine natürliche Person) einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen kann.
Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger in den Streitjahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war. Der Kläger – ein Pilot – verbrachte – ebenso wie zwei andere Piloten – in einem ca. 12-15 qm großen „Standby-Zimmer” in der Keller-Etage einer Privathauses bei dienstlichen Aufenthalten in Deutschland monatlich im Durchschnitt bis zu drei Nächte. Das Bad befand sich gleichfalls in der Keller-Etage und wurde neben den drei Piloten auch von den Vermietern genutzt. Das Zimmer war von den Piloten möbliert worden. Zur Ausstattung gehörte ein Fernseher, jedoch weder eine Kochgelegenheit noch ein Kühlschrank. Entgegen der Ansicht des Finanzamts sah das Finanzgericht in der Anmietung und Nutzung dieses Zimmers durch den Kläger keinen inländischen Wohnsitz des Klägers begründet.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Ein Steuerpflichtiger kann gleichzeitig mehrere Wohnsitze haben. Für das Vorliegen eines Wohnsitzes im Inland ist es daher ohne Bedeutung, ob dieser den Mittelpunkt der Lebensinteressen der betreffenden Person bildet.

  • Kennzeichnend für eine Wohnung ist, dass es sich um Räume handelt, die zum Bewohnen geeignet sind. Es recht aus, wenn die Wohnung mit einfachsten Mitteln ausgestattet ist; darauf, ob die Ausstattungsgegenstände vom Vermieter gestellt oder vom Mieter selbst beschafft worden sind, kommt es nicht an. Nicht erforderlich ist auch, dass das zur Wohnung gehörende Bad in den Wohnbereich integriert ist.

  • Der Begriff des Wohnsitzes setzt ferner voraus, dass der Steuerpflichtige die Wohnung innehat. Danach muss die Wohnung in objektiver Hinsicht dem Steuerpflichtigen jederzeit (wann immer er es wünscht) als Bleibe zur Verfügung stehen und zudem in subjektiver Hinsicht von ihm zu einer entsprechenden Nutzung - d.h. für einen jederzeitigen Wohnaufenthalt - bestimmt sein.

Anmerkung: Der BFH konnte im Streitfall nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger im streitigen Zeitraum unbeschränkt steuerpflichtig war. Die bisherigen Feststellungen würden keine Entscheidung dazu gestatten, ob der Kläger die Kellerwohnung im Streitfall "jederzeit" für seine eigenen Wohnzwecke nutzen konnte. Das FG wird im zweiten Rechtsgang vor allem zu berücksichtigen haben, dass der Kläger das Zimmer zusammen mit zwei weiteren Piloten angemietet hatte. Demgemäß wird das FG im zweiten Rechtsgang vor allem zu klären haben, ob mit Rücksicht auf die Zimmergröße eine gleichzeitige Wohnnutzung durch den Kläger sowie die beiden anderen Mieter in Betracht kommen konnte. Sollte dies zu verneinen sein, so hätte der Kläger zwar keinen Wohnsitz im Inland gehabt. Unberührt hiervon bleibe jedoch die Prüfung, ob der Kläger im streitigen Zeitraum seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte und aus diesem Grund unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (§ 9 AO).
Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
IAAAF-10473