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Online-Nachricht - Mittwoch, 16.10.2013

Strafprozessordnung | Einsicht des Finanzamtes in Unterlagen der Staatsanwaltschaft (OLG)

Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, dem Finanzamt zum Zwecke einer von diesem gegen den Beschuldigten bzw. gegen von ihm vertretene Vereine angeordneten Außenprüfung (§ 193 AO) Einsicht in Unterlagen zu gewähren, die in einem gegen den Beschuldigten geführten Strafverfahren beschlagnahmt worden sind, soweit diese Unterlagen für die Steuerprüfung erforderlich sind ().

Hintergrund: Auskünfte aus Akten an öffentliche Stellen sind nach § 474 Abs. 2 Nr. 2 StPO u.a. zulässig, soweit diesen Stellen in sonstigen Fällen auf Grund einer besonderen Vorschrift von Amts wegen personenbezogene Daten aus Strafverfahren übermittelt werden dürfen.
Sachverhalt: Die Staatsanwaltschaft führt gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue und Steuerhinterziehung. Beim Beschuldigten wurden in diesem Zusammenhang umfangreiche Unterlagen sichergestellt, unter anderem solche, die sich im Besitz des Steuerberaters des Beschuldigten befanden. Das Finanzamt ordnete an, bei dem Antragsteller hinsichtlich Einkommen- und Umsatzsteuer der Jahre 2009 bis 2011 und bei den vom Antragsteller als Vorsitzendem vertretenen gemeinnützigen Vereinen eine Betriebsprüfung durchzuführen. Auf die Auskunft des Steuerberaters, die Akten befänden sich bei der Staatsanwaltschaft, beantragte das Finanzamt, dort die Unterlagen für die Betriebsprüfung einsehen zu können. Mit der beanstandeten Entscheidung gewährte die Staatsanwaltschaft dem Finanzamt die begehrte Einsicht. Hiergegen richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des den Antragsteller.
Hierzu führte das OLG weiter aus:

  • Die Staatsanwaltschaft war befugt, dem Finanzamt gemäß §§ 13 Abs. 1 Nr. 1 EGGVG, 474 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 und 4 StPO Einsicht in die beschlagnahmten Unterlagen zu gewähren.

  • Dass das Finanzamt im Rahmen der Außenprüfung (§ 193 AO) berechtigt ist, die sichergestellten Unterlagen einzusehen, ergibt sich aus § 200 AO. Danach ist der Steuerpflichtige zur Mitwirkung verpflichtet, insbesondere hat er Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Unterlagen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen (§ 200 Abs. 1 Satz 2 AO). In Bezug auf die gegenüber den Vereinen erlassenen Prüfungsanordnungen ist der Antragsteller als Vorstand in gleicher Weise verpflichtet (§ 34 AO).

  • Da ihm die Vorlage dieser Unterlagen infolge ihrer Beschlagnahme nicht möglich war, hatte das Finanzamt wegen des im Besteuerungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 88 AO) die Staatsanwaltschaft um Amtshilfe (§ 111 AO) zu ersuchen. Die Staatsanwaltschaft ihrerseits war nach Abs. 1 dieser Bestimmung zur Amtshilfe verpflichtet.

  • Eine Auskunfts- oder Verschwiegenheitspflicht traf sie nicht (§ 105 Abs. 1 AO). Auch hinderte der Umstand, dass die Unterlagen in einem Steuerstrafverfahren beschlagnahmt wurden, die Herausgabe nicht (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 i.V. mit § 30 Abs. 2 Nr. 1a AO).

Anmerkung: Aus den §§ 111 Abs. 1, 105 Abs. 1 AO folgt somit die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, dem Finanzamt die erbetene Einsicht in die von ihr beschlagnahmten Unterlagen zu gewähren, soweit diese für den Zweck der Steuerprüfung erforderlich sind. Diese Vorschriften sind deshalb besondere Vorschriften im Sinne von § 474 Abs. 2 StPO, die auch die Übermittlung personenbezogener Daten erlauben, so das OLG in seiner o.g. Entscheidung.
Quelle: Landesrechtsprechung Baden-Württemberg online
Hinweis: Den Text der o.g. Entscheidung finden sie auf den Internetseiten der Justiz in Baden-Württemberg nach Eingabe des Aktenzeichens.
 

 

Fundstelle(n):
TAAAF-10426