Einkommensteuer | Zurechnung einer vGA bei verdeckter Treuhand (BFH)
Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) ist einem minderjährigen Gesellschafter einer GmbH nicht zuzurechnen, wenn er aufgrund eines verdeckten Treuhandverhältnisses nicht wirtschaftlicher Eigentümer des von Familienmitgliedern unentgeltlich übertragenen GmbH-Anteils ist (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Die Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen aus einer vGA richtet sich nach § 20 Abs. 2a EStG. Anteilseigner i.S. dieser Vorschrift ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind. Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. Eigentümer i.S. dieser Regelung ist der zivilrechtliche Eigentümer bzw. Inhaber des Wirtschaftsguts. Abweichend hiervon bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind.
Sachverhalt: Der Kläger war im Streitjahr 1998 fünf Jahre alt. Seine Eltern gründeten mit seiner Großmutter eine GmbH. Das Stammkapital wurde von der Großmutter und von den Eltern übernommen. Der Vater des Klägers veräußerte seine Beteiligung an einen seiner Angestellten. Dieser übertrug diesen wenig später an die Großmutter. Im Jahr 1996 wurde der Vater zum Geschäftsführer der GmbH bestellt. Die Großmutter und Mutter des Klägers übertrugen im Jahr 1998 ihre Geschäftsanteile je zur Hälfte im Wege der Schenkung an den Kläger und seinen Bruder. Das Finanzamt stellte bei einer Außenprüfung fest, dass die GmbH im Jahr 1998 Fahrzeuge unter dem erzielbaren Marktpreis an die Firma E GmbH veräußert habe. Gesellschafter der E GmbH waren die Mutter und Großmutter des Klägers, sodass eine vGA in Höhe von insgesamt 775.000 DM anzusetzen und dem Kläger und seinem Bruder je hälftig zuzurechnen sei.
Hierzu führte der BFH weiter aus:
Im Streitfall besteht ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis, sodass die Frage, ob der Kläger nach zivilrechtlichen Grundsätzen wirksam Eigentum an den Anteilen der GmbH erworben hat, offenbleiben kann.
Ein Treuhandverhältnis ist gegeben, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint. Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug. Dies war hier der Fall.
Der steuerlichen Anerkennung des Treuhandverhältnises stand auch die fehlende notarielle Beurkundung der Treuhandabrede nicht entgegen. Der BGH hat erst nach dem Streitjahr 1998 entschieden, dass ein Treuhandvertrag über einen GmbH-Geschäftsanteil dem Formzwang des § 15 Abs. 4 GmbHG unterliegt ().
Anmerkung: Im Streitfall bestand nach Ansicht des BFH ein Treuhandverhältnis, das auch vollzogen wurde. Der Vater habe hier Mitglieder seiner Familie und Angestellte als Gesellschafter seiner Firmen eingesetzt, um Gesellschaftsanteile dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen. Allein zu diesem Zweck sei der GmbH-Anteil auf den Kläger übertragen worden. Der Vater habe die Familie auch beherrscht und jederzeit die Rückübertragung der GmbH-Anteile verlangen können. Die zivilrechtliche Stellung des geschäftsunfähigen Klägers als Gesellschafter der GmbH sei danach lediglich eine „leere Hülle“ gewesen. Der GmbH-Anteil war dem Kläger als Treuhänder danach wirtschaftlich nicht zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO), sodass ihm keine vGA zugeflossen ist (§ 20 Abs. 2a EStG).
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
PAAAF-10368