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Online-Nachricht - Donnerstag, 26.09.2013

Einkommensteuer | Kein Anscheinsbeweis für Privatnutzung eines Werkstattwagens (FG)

Bei sog. Werkstattwagen kommt der Grundsatz, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, nicht zum Tragen (; rechtskräftig).

Hintergrund: Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Davon abweichend kann die private Nutzung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG mit den auf die Privatfahrten entfallenden (tatsächlichen) Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute. Sie haben drei Kinder. Der Kläger ist als Klauenpfleger selbständig tätig und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In seinen Betriebsvermögen hatte er u.a. einen Mercedes E 320 CDI ausgewiesen. Dieser wurde im Mai 2006 aus dem Betriebsvermögen entnommen und im April 2008 durch einen Pkw Mercedes SLK ersetzt. Des Weiteren befand sich ein Geländewagen der Marke Nissan Terrano im Betriebsvermögen. Für Letzteren hatte der Kläger keinen Privatanteil berücksichtigt. Das Finanzamt meinte demgegenüber, dass der Nissan ebenfalls privat genutzt worden sei, denn in den Streitjahren 2005 bis 2007 habe nur der Mercedes zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden. Die Klägerin habe im Prüfungszeitraum einen Jagdschein gemacht. So dass es schwer vorstellbar sei, dass sie mit dem Mercedes E 320 in den Wald gefahren sei.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins. Die bloße Behauptung, der betriebliche Pkw werde nicht für Privatfahrten genutzt, reicht daher nicht aus, um die Anwendung der 1%-Regelung auszuschließen.

  • Etwas anderes gilt jedoch, wenn es sich um ein Fahrzeug handelt, das typischerweise zum privaten Gebrach nicht geeignet ist. Dies ist bei sog. Werkstattwagen – wie im Streitfall bei dem Nissan Terrano – der Fall.

  • Ein solches Fahrzeug ist auf Grund seiner objektiven Beschaffenheit und Einrichtung typischerweise so gut wie ausschließlich zur Beförderung von Gütern bestimmt. Ein Fahrzeug dieser Art wird allenfalls gelegentlich und ausnahmsweise auch für private Zwecke eingesetzt. Insbesondere die Anzahl der Sitzplätze, das äußere Erscheinungsbild, die Verblendung der hinteren Seitenfenster und das Vorhandensein einer Abtrennung zwischen Lade- und Fahrgastraum machen deutlich, dass ein Werkstattwagen für private Zwecke nicht geeignet ist.

Anmerkung: Das Finanzgericht war im Streitfall davon überzeugt, dass eine nennenswerte Privatnutzung nicht stattgefunden haben kann. Die vom Finanzamt hervorgehobene Möglichkeit, dass die Klägerin mit dem Wagen zur Jagd gefahren sei, werde durch die geringe freie Zulademöglichkeit im Fondbereich des Nissan widerlegt.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Der Lohnsteuersenat des BFH hat kürzlich seine bisherige Rechtsprechung korrigiert. Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung, führt dies beim Arbeitnehmer auch dann zu einem steuerpflichtigen Vorteil, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug tatsächlich nicht privat nutzt. Bisher wurde in derartigen Fällen die tatsächliche private Nutzung des Fahrzeugs vermutet. Der Steuerpflichtige konnte die Vermutung unter engen Voraussetzungen widerlegen. Diese Möglichkeit ist nun - im Lohnsteuerrecht - entfallen. Im Bereich der Gewinneinkünfte - wie im Streitfall - ist ein Beweis des Gegenteils demgegenüber weiterhin möglich (z.B. auch dann, wenn für private Fahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind; s. hierzu NWB FAAAE-28009).
 

Fundstelle(n):
JAAAF-10344