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Online-Nachricht - Dienstag, 24.09.2013

Haftungsrecht | Prospekthaftung des Treuhandkommanditisten eines Prozesskostenfonds (BGH)

Ein Treuhandkommanditist, der auch eigene Anteile an der Gesellschaft hält, haftet bei einer Verletzung der Aufklärungspflicht gegenüber den Anlagegesellschaftern wie ein Gründungsgesellschafter auf Schadensersatz aus Prospekthaftung ().

Hintergrund: Das Geschäftsmodell eines Prozesskostenfonds besteht darin, möglichst aussichtsreiche Prozesse von Klägern zu finanzieren, die ansonsten keine Klage erheben würden. Wird ein Prozess gewonnen, erhält der Fonds  einen Teil der erstrittenen Geldsumme. Im entschiedenen Fall hatte der Fonds die Rechtsform einer GmbH & Co. KG.
Sachverhalt: Der Kläger beteiligte sich als Treugeber über die (mittlerweile insolvente) T. mbH Steuerberatungsgesellschaft als Treuhandkommanditistin (Treuhänderin) an der Z.J. und der D.J. GmbH & Co. Prozesskostenfonds KG mit Einlagen in Höhe von 50.000 und 25.000 €. Der Vorstand der Gründungskommanditistin beider Fonds, einer AG, und gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbHs, war laut Eintragungen im Bundeszentralregister 23-mal u.a. wegen Urkunds- und Vermögensdelikten vorbestraft. Der Kläger verlangt Rückzahlung seiner Einlagen abzüglich erhaltener Ausschüttungen in Höhe von insgesamt rund 64.000 € mit der Begründung, er hätte über die Vorstrafen informiert werden müssen. Die Vorinstanzen haben die AG, ihren Vorstand und die Treuhänderin antragsgemäß verurteilt. Dagegen wendet sich letztere mit der Revision.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Das Berufungsgericht hat die Klage gegen die Treuhänderin zu Recht für begründet erachtet. Sie haftet dem Kläger auf Schadensersatz wegen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit den Fondsbeitritten.

  • Anspruchsgrundlage ist eine Prospekthaftung im weiteren Sinne, ein Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB). Danach obliegen dem, der selbst oder durch einen Verhandlungsgehilfen einen Vertragsschluss anbahnt, gewissen Schutz- und Aufklärungspflichten gegenüber seinem Verhandlungspartner, bei deren Verletzung er auf Schadensersatz haftet.

  • Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Eine Offenbarungspflicht bei Straftaten besteht jedenfalls dann, wenn diese wie hier nach Art und Schwere geeignet sind, ein Vertrauen des Anlegers in die Zuverlässigkeit der betreffenden Person zu erschüttern.

  • Ob die Treuhänderin ein persönliches Verschulden an der Aufklärungspflichtverletzung trifft, kann offen bleiben, weil ihr das Verschulden der Komplementär-GmbH und ihres Geschäftsführers als ihre Verhandlungsgehilfen zuzurechnen ist (§ 278 BGB).

Anmerkung: Für die Haftung der Treuhänderin ist es ohne Bedeutung, dass der Kläger nicht unmittelbar als Kommanditist, sondern nur mittelbar über die Treuhänderin beteiligt werden wollte. Denn aufgrund der Vertragsgestaltung sollte er im Innenverhältnis so gestellt werden, als wäre er unmittelbarer Gesellschafter, vgl. dazu NWB VAAAE-11675.
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
 

Fundstelle(n):
WAAAF-10318