Erbrecht | Testamentarischer Ersatzerbe ist kein Nacherbe (OLG)
Eine testamentarische Anordnung, die für den Fall des kinderlosen Versterbens eines Erben einen Ersatzerben bestimmt, kann nicht ohne weiteres so ausgelegt werden, dass dann, wenn der Erbe den Erbfall erlebt (so dass der Ersatzerbfall nicht eintritt), eine Vor- und Nacherbschaft gewollt ist (; rechtskräftig).
Hintergrund: Der Erblasser kann für den Fall, dass ein Erbe vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls wegfällt, einen anderen als Erben einsetzen (Ersatzerbe; § 2096 BGB). Der Erblasser kann einen Erben auch in der Weise einsetzen, dass dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist (Nacherbe; § 2100 BGB). Ist zweifelhaft, ob jemand als Ersatzerbe oder als Nacherbe eingesetzt ist, so gilt er als Ersatzerbe (§ 2102 Abs. 2 BGB).
Sachverhalt: Die im Jahre 1991 verstorbene Erblasserin hinterließ vier Kinder. Sie hatte im Jahre 1985 eigenhändig testamentarisch verfügt, dass der 1952 geborene Sohn A ihr alleiniger Erbe werden solle, und für den Fall seines kinderlosen Versterbens ihren 1958 geborenen Sohn B zum „Ersatzerben“ bestimmt. Nachdem der ältere Sohn 2012 kinderlos verstarb, hat der überlebende jüngere Sohn B einen Erbschein beantragt, der ihn als Alleinerben seiner Mutter ausweist.
Hierzu führte das OLG weiter aus:
Dem auslegungsbedürftigen eigenhändigen Testament ist die Anordnung einer Vorerbschaft des älteren Sohnes mit einer Nacherbschaft des Antragstellers nicht zu entnehmen.
Zwar könnten der Erblasserin, wovon die Beteiligten ausgingen, die juristischen Begriffe einer Vor- und Nacherbschaft nicht geläufig gewesen sein. In diesem Fall ist aber zu erwarten gewesen, dass sie in Bezug auf ihren Nachlass eine der Vorerbschaft entsprechende Verfügungsbeschränkung bestimmt hätte.
Eine Anordnung diesen Inhalts enthält das Testament jedoch nicht. Allein dem Begriff des Ersatzerben ist sie nicht zu entnehmen. Er besagt nicht mehr als den Austausch der zur Erbfolge berufenen Personen.
Weder durch die weitere Testamentsurkunde noch durch außerhalb der Urkunde liegende Umstände ist auf einen Willen der Erblasserin zur Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft zu schließen.
Geht man aber von einer Ersatzerbenstellung des Antragstellers aus, ist er nicht Erbe geworden, weil sein älterer Bruder die Erblasserin überlebt und deswegen selbst beerbt hat. Der Ersatzerbfall ist nicht eingetreten.
Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung v.
Fundstelle(n):
EAAAF-10230