Online-Nachricht - Donnerstag, 22.08.2013

Einkommensteuer | Nachbarschaftliche Altenpflege als gewerbliche Tätigkeit (BFH)

Der BFH hat entschieden, dass die Erbringung hauswirtschaftlicher und pflegerischer Dienstleistungen grds. eine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Des Weiteren hat er klargestellt, dass für die wirksame Ausübung des Wahlrechts auf Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung eine bloße Erklärung des Steuerpflichtigen nicht genügt. Zwar sei dafür die Vorlage von Aufzeichnungen nicht geboten; zumindest das Erstellen und Sammeln von Einnahmen- und Ausgabenbelegen bleibe aber erforderlich (; NV; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Stpfl. mit Gewinneinkünften (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG) müssen ihre Betriebsergebnisse prinzipiell durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) ermitteln. Wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG erfüllt sind, steht ihnen das Wahlrecht zu, die Gewinne oder Verluste durch Einnahmen-Überschussrechnung festzustellen. Das Gesetz äußert sich aber nicht dazu, in welcher Form oder innerhalb welcher Frist das Wahlrecht ausgeübt werden muss.
Sachverhalt: Die Klägerin hatte mit ihrem älteren Nachbarn, mit dem sie nicht verwandt war, einen Vertrag geschlossen, in dem sie sich zu altersbedingten Pflege- und Versorgungsleistungen verpflichtete. Als Gegenleistung hatte der Nachbar der Klägerin seine Doppelhaushälfte unter Vorbehalt eines nach Maßgabe des Übergabevertrags befristeten Nießbrauchs überschrieben.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Die Erbringung hauswirtschaftlicher und pflegerischer Dienstleistungen ist eine gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

  • Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist auch dann zu bejahen, wenn der Pflegeleistende nur für einen einzigen Auftraggeber tätig geworden ist, sein Verhalten mit dem Abschluss eines „Übergabevertrags nebst Pflegevereinbarung“ aber erkennbar auf einen Leistungsaustausch gerichtet war.

  • Der Gewinn aus der hauswirtschaftlichen und pflegerischen Tätigkeit ist durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln, wenn das Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung nicht wirksam ausgeübt wurde.

  • Für die wirksame Ausübung des Wahlrechts genügt eine bloße Erklärung des Steuerpflichtigen nicht. Zwar ist dafür die Vorlage von Aufzeichnungen nicht geboten; zumindest das Erstellen und Sammeln von Einnahmen- und Ausgabenbelegen bleibt aber erforderlich.

  • Wird die Übertragung eines Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt als Gegenleistung für die zu erbringende Pflege vereinbart, so tritt die Gewinnrealisierung jeweils zu den Zeitpunkten ein, zu denen die geschuldeten und von den Parteien bewerteten Leistungen erbracht werden.

Anmerkung: Das Finanzgericht gestand der Klägerin noch eine wirksame nachträgliche Ausübung des Wahlrechts auf Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung zu, nahm dann aber einen Übergang zum Betriebsvermögensvergleich wegen Betriebsaufgabe an und ermittelte auf dieser Grundlage die zu besteuernden Gewinne. Der BFH konnte dieser Auffassung nicht folgen, bestätigte aber ausdrücklich, dass das Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht ausgeübt werden könne. Die frühere Rechtsprechung, wonach dieses Wahlrecht bereits zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums ausgeübt werden müsse hatte der IV. Senat in seinem Urteil v.  - NWB SAAAD-23343, aufgegeben.
Quelle: NWB Datenbank
 

 

Fundstelle(n):
NWB RAAAF-10162