Gewerbemietrecht | Nachträgliche Korrektur einer Betriebskostenabrechnung (BGH)
Erstattet der Vermieter von Gewerberaum seinem Mieter vorbehaltlos ein sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebendes Guthaben, so liegt darin kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, das einer nachträglichen Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegenstünde ().
Hintergrund: Das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist gesetzlich nicht geregelt und hat nach der Rechtsprechung des BGH den Zweck, ein bestehendes streitiges oder ungewisses Schuldverhältnis endgültig zu klären; der Anerkennende verzichtet damit auf alle Einwendungen. Gesetzlich geregelt ist hingegen das konstitutive (abstrakte) Schuldanerkenntnis, durch das eine Verbindlichkeit erstmals begründet wird (§ 781 BGB).
Sachverhalt: Der Beklagte mietete vom Kläger ein Ladengeschäft. Eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009 ergab ein Guthaben für den Beklagten von 53,75 €, welches der Kläger sofort überwies. Nachdem der Beklagte Einwendungen gegen die Abrechnung erhoben hatte, erstellte der Kläger eine neue Abrechnung, die unter Berücksichtigung der zuvor vom Kläger vergessenen Grundsteuer eine Betriebskostennachforderung von 375,76 € auswies. Mit seiner in den Vorinstanzen erfolglosen Klage verlangt er Zahlung dieses Betrags sowie Rückzahlung des bereits ausbezahlten Guthabens.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:
Die Revision hat Erfolg. Der Senat schließt sich auch für den Bereich der Gewerberaummiete der Auffassung an, dass weder durch die vorbehaltlose Zahlung einer Betriebskostennachforderung durch den Mieter noch durch eine vorbehaltlose Erstattung eines Guthabens durch den Vermieter ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande kommt, das einer späteren Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht.
Das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist ein Vertrag und setzt somit zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus, die auch durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden können.
Dafür erforderlich ist ein Rechtsbindungswillen. Eine solcher liegt weder in der Betriebskostenabrechnung als bloße Wissenserklärung noch in der Auszahlung des Guthabens als reine Erfüllungshandlung. Insbesondere erklärt der Vermieter hiermit nicht, den sich aus der Abrechnung ergebenden Saldo unstreitig stellen zu wollen.
Anmerkung: Für die Wohnraummiete wurde früher die Auffassung vertreten, dass durch den vorbehaltlosen Ausgleich des Saldos einer Betriebskostenabrechnung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande kommt, das spätere Nachforderungen ausschließt. Dies änderte sich nach Inkrafttreten der Mietrechtsreform 2001, mit der Abrechnungs- und Einwendungsfristen eingeführt werden (§ 556 Abs. 3 BGB). Mit der vorliegenden Entscheidung kommt der BGH für die Gewerberaummiete zum gleichen Ergebnis.
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
Fundstelle(n):
UAAAF-10135