Kindergeld | Mehrfache Haushaltsaufnahme eines Kindes (BFH)
Eine einheitliche Grenze der zeitlichen Aufenthaltsdauer, bei deren Unterschreiten eine - annähernd gleichwertige - Haushaltsaufnahme generell zu verneinen wäre, besteht nicht. Es ist eine Frage der tatsächlichen Würdigung des FG, ob die jeweilige Aufenthaltsdauer unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles die Annahme rechtfertigt, dass das Kind seinen Lebensmittelpunkt bei beiden Eltern hat (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Gemäß § 64 Abs. 1 EStG wird das Kindergeld nur einem Berechtigten gezahlt. Bei mehreren Berechtigten ist dies gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG derjenige, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Liegt eine annähernd gleichwertige Aufnahme des Kindes in die Haushalte beider Eltern vor, bestimmen die Eltern untereinander analog § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG den Berechtigten.
Sachverhalt: Der Kläger ist Vater einer heute 17jährigen Tochter. Von der Mutter ist er geschieden. Seit der Trennung der Eltern im Jahr 2000 hielt sich die Tochter abwechselnd im Haushalt des Klägers und der Mutter auf. Aufgrund des Antrags des Klägers und schriftlicher Einverständniserklärungen der Mutter zahlte die Familienkasse das Kindergeld bis Januar 2009 an den Kläger aus. Nachdem die Mutter im Januar 2009 einen eigenen Kindergeldantrag gestellt hatte, setzte die Familienkasse das Kindergeld ab Februar 2009 zu deren Gunsten fest und zahlte ihr Kindergeld für die Monate Februar und März aus. Gleichzeitig hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung zugunsten des Klägers mit der Begründung auf, die Mutter habe K in ihren Haushalt aufgenommen. Diese habe daher vorrangig Anspruch auf Kindergeld. Die auf Zahlung von Kindergeld für den Zeitraum Februar 2009 bis Juli 2009 gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg - das FG sprach dem Kläger Kindergeld für die Monate April bis Juli 2009 zu. Im Klageverfahren hatte der Kläger eine Vereinbarung vom vorgelegt, wonach beide Elternteile weiterhin den Kläger zum Kindergeldberechtigten bestimmten. Die Revision der Familienkasse gegen die Entscheidung des FG hatte keinen Erfolg.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Die Würdigung des FG, dass die Tochter im Streitzeitraum annähernd gleichwertig in den Haushalt des Klägers und der Mutter aufgenommen war, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das FG ist im Rahmen der Gesamtwürdigung des Falls unter Einbeziehung der Aussage der Mutter zu dem Ergebnis gelangt, dass die Tochter sowohl in den Haushalt der Mutter als auch in den Haushalt des Klägers familiär eingebunden war. Der Umstand, dass die zeitliche Aufteilung der Betreuung zwischen dem Kläger und der Mutter im Verhältnis 40% zu 60% betrug, ändert hieran nichts. Es ist von einer - annähernd gleichwertigen - Aufnahme in beide Haushalte auszugehen
Es kommt nicht allein und ausschließlich auf die Anzahl der jeweiligen Aufenthaltstage an - vielmehr ist auf die Umstände des Einzelfalls (wie z.B. ein gemeinsames Sorgerecht, eigenes Kinderzimmer, Möglichkeit des Kindes, den Aufenthalt frei zu wählen) abzustellen.
Zwar kommt dem Zeitmoment eine besondere Bedeutung zu - eine einheitliche Grenze der zeitlichen Aufenthaltsdauer, bei deren Unterschreiten eine - annähernd gleichwertige - Haushaltsaufnahme generell zu verneinen wäre, besteht jedoch nicht.
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
SAAAF-10072