Insolvenzrecht | Zur Rückforderung einer Vorschusszahlung für Beratungsleistungen (BGH)
Ansprüche des Schuldners auf eine höchstpersönliche Dienstleistung sind weder übertragbar noch pfändbar und unterliegen deshalb nicht dem Insolvenzbeschlag ().
Hintergrund: Verpflichtet sich ein Rechtsanwalt oder Steuerberater zur Erbringung von Beratungsleistungen, so handelt es sich dabei um einen Geschäftsbesorgungsvertrag (Dienst- oder Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter, § 611 bzw. § 631 i.V.m. § 675 Abs. 1 BGB). Bei einem Dienstvertrag hat der Verpflichtete die Dienste in Person zu leisten; der Anspruch auf die Dienste ist nicht übertragbar (§ 613 BGB).
Sachverhalt: Der Schuldner beauftragte den Beklagten im Januar, ihn in einer wirtschaftlichen Krise zu beraten und leistete an ihn einen Honorarvorschuss. Die Abrechnung sollte nach erbrachter Leistung erfolgen. Im Februar bestellt das Amtsgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners nur noch mit dessen Zustimmung wirksam sind. Im März wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Ca. ein Jahr später trat der Insolvenzverwalter die Ansprüche des Schuldners auf Rückzahlung des Honorarvorschusses an die Klägerin ab. Daraufhin erstellte der Beklagte eine Abrechnung der bisher erbrachten Beratungsleistungen. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Rückzahlung des Vorschusses, soweit er nicht durch seine Tätigkeit vor der Bestellung des Insolvenzverwalters verbraucht sei. Die Vorinstanzen haben der diesbezüglichen Klage stattgegeben, der Beklagte habe seine Vergütungsansprüche aufgrund des Zustimmungsvorbehalts nicht mehr wirksam mit dem Vorschuss verrechnen können.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:
Die Revision ist begründet. Die Rückzahlung des Vorschusses kann nur insoweit verlangt werden, soweit sich der Berater die Vergütung nicht durch entsprechende Leistungen verdient hat.
Im Streitfall hat der Beklagte während der Dauer der vorläufigen Insolvenzverwaltung gegenüber dem Schuldner Beratungsleistungen erbracht, die unstreitig zu vergüten waren.
Die Anrechnung des Vorschusses auf diesen Vergütungsanspruch war trotz der insolvenzrechtlichen Verfügungsbeschränkung (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO) wirksam. Denn diese erstreckte sich nur auf Gegenstände der Insolvenzmasse, nicht jedoch auf das beschlagfreie Vermögen des Schuldners.
Nicht zur Insolvenzmasse gehören Forderungen, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO). Um eine solche unpfändbare Forderung handelte es sich bei dem Anspruch des Schuldners auf die Beratungsleistungen, denn dieser war nach der gesetzlichen Regelung nicht übertragbar (§ 613 Satz 2 BGB) und deshalb nicht pfändbar (§§ 851 Abs. 1, 857 Abs. 1 und 3 ZPO).
Anmerkung: Auch wenn der Berater hier letztlich sein Honorar erhielt, ist die Zahlung eines Honorarvorschusses bei Insolvenzgefahr kein taugliches Mittel zur Sicherung der Honorarforderung, weil i.d.R. eine Rückgewähr infolge Anfechtung in Betracht kommt. Eine solche schied im vorliegenden Fall nur deshalb aus, weil die mit dem Insolvenzverwalter geschlossene Abtretungserklärung sich nicht auf Ansprüche wegen Insolvenzanfechtung erstreckte und die Klägerin somit insoweit nicht aktivlegitimiert war.
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
Fundstelle(n):
GAAAF-09941