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Online-Nachricht - Donnerstag, 27.06.2013

Einkommensteuer | Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung (FG)

Die Kosten eines in einem Scheidungsfolgenverfahren beauftragten britischen Rechtsanwalts und die mit dem Verfahren in Zusammenhang stehenden Reisekosten sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, soweit sich der Steuerpflichtige dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum zu stellen hatte, das Verfahren nicht mutwillig oder ohne Aussicht auf Erfolg war, die Höhe der vereinbarten Kosten nach landestypischen Gesichtspunkten angemessen sind und keine Kostenerstattung erfolgt (entgegen ; ; Revision anhängig).

Hintergrund: Nach der neuen Rechtsprechung des BFH erwachsen Zivilprozesskosten mit Rücksicht auf das staatliche Gewaltmonopol unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Unausweichlich sind derartige Aufwendungen jedoch nur, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint und einen angemessenen Betrag nicht überschreitet (s. z.B. NWB IAAAD-86750).
Sachverhalt: Der Kläger war bis 2006 in Großbritannien verheiratet und hat aus dieser Ehe zwei unterhaltsberechtigte Kinder. 2004 trennten sich die Eheleute und schlossen im gleichen Jahr eine privatschriftliche Vereinbarung zur Regelung der mit der Trennung zusammenhängenden Angelegenheiten. Der Kläger ist in zweiter Ehe in Deutschland verheiratet. Die geschiedene Ehefrau machte Anfang 2009 Ansprüche gegen den Kläger wegen Kindesunterhalts, Versorgungsausgleichs, Unterhalts für sich und Vermögensausgleichs geltend. Der Kläger wurde Mitte 2010 zur mündlichen Verhandlung vor einem Gericht in Großbritannien geladen. Der Kläger schloss im Juni 2010 mit einem in London praktizierenden, Deutsch und Englisch sprechenden, auf Familienrecht spezialisierten Anwalt einen Anwaltsvertrag. Dem Kläger entstanden hierdurch im Streitjahr 18.000 € Anwalts- und rund 830 € Reisekosten.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Auf Betreiben seiner geschiedenen Ehefrau und wegen der letztlich von ihr rechtshängig gemachten Klage hatte sich der Kläger im Streitfall dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum zu stellen.

  • Die Einwände des Klägers gegen die von seiner geschiedenen Ehefrau geltend gemachten Ansprüche erscheinen weder ohne Aussicht auf Erfolg noch mutwillig, denn bereits aus der Verhandlung im November 2010 ergibt sich, dass für den Kläger hinreichende Erfolgsaussichten bestanden.

  • Die ursprünglich geltend gemachten Ansprüche konnten in erheblichem Umfang beschränkt und letztlich auf die Höhe des Kindesunterhaltes reduziert werden. Der Versorgungsausgleich ist in der Bundesrepublik zu verhandeln.

  • Auch der Höhe nach sind die Rechtsanwaltskosten unter Berücksichtigung der landestypischen Besonderheiten nicht unangemessen. Dies folgt für den Senat bereits aus dem Umstand, dass es gerichtsbekannt in Großbritannien kein mit der Bundesrepublik vergleichbares System von Rechtsanwaltsgebühren gibt, sondern grundsätzlich Stundensätze vereinbart werden, und dass einer Bestätigung der British-German Jurists’ Association zufolge der vereinbarte Stundensatz in Höhe von 275 GBP zuzüglich Umsatzsteuer für einen im Familienrecht und im internationalen Familienrecht tätigen Anwalt in London als angemessen anzusehen sei.

  • Für den Senat nachvollziehbar hatte der Kläger einen in England tätigen, im internationalen Familienrecht bewanderten, Englisch und Deutsch sprechenden Anwalt zu beauftragen.

Anmerkung: Der Senat hat die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist bei dem BFH unter dem Aktenzeichen VI R 26/13 anhängig.
Quellen: FG Schleswig-Holstein, Newsletter II/2013 und NWB Datenbank
Hinweis: Nach der Neuregelung im Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes in der Fassung der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses v. (BT-Drucks. 17/13722) sind Aufwendungen für Prozesskosten ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ausdrücklich vom Abzug ausgeschlossen. Etwas anderes soll (nur) gelten, wenn es sich um Aufwendungen handelt, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (§ 33 Abs. 2 EStG i.V. mit § 52 Abs. 1 EStG n.F.).
 

 

Fundstelle(n):
QAAAF-09903