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Online-Nachricht - Mittwoch, 26.06.2013

Umsatzsteuer | Führungsleistungen einer Versicherung bei offener Mitversicherung (BFH)

Übernimmt bei einer sog. offenen Mitversicherung der führende Versicherer die bei Begründung und Abwicklung der Mitversicherungsverträge anfallenden Verwaltungsaufgaben (sog. Führungsleistungen) gegen einen erhöhten Anteil aus dem Versicherungsentgelt (sog. Führungsprovision), liegt darin eine steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung an den/die Mitversicherer (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Unter "Mitversicherung" wird die Versicherung ein und desselben Interesses gegen dieselbe Gefahr durch mehrere Versicherer verstanden. Bei der sog. offenen Mitversicherung tritt gegenüber dem Versicherungsnehmer eine Mehrzahl von Versicherern auf, um sich an der Deckung desselben Risikos zu beteiligen. Nach ganz herrschender Meinung handelt es sich hierbei nicht um einen einheitlichen Versicherungsvertrag, sondern um eine Mehrzahl rechtlich selbständiger Verträge zwischen dem Versicherungsnehmer und dem jeweiligen Mitversicherer. Danach ist jeder Mitversicherer Träger einer eigenen Versicherung mit eigener Einzelversicherungssumme, eigener Leistungsverpflichtung, eigenem Prämienanspruch und eigenen Versicherungsbedingungen. Zur Vereinfachung der Vertragsdurchführung bestimmen die an der Mitversicherung beteiligten Versicherer meist einen führenden Versicherer.
Hierzu führte der BFH weiter aus: 

  • Während der Zusammenschluss der Mitversicherer zu einer offenen Mitversicherung nach überwiegender Ansicht als Innengesellschaft bürgerlichen Rechts qualifiziert wird, ist die Führungsvereinbarung als ein von dem gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluss zu trennendes Rechtsverhältnis zwischen dem Führenden und den beteiligten Mitversicherern anzusehen.

  • Wird für die Wahrnehmung der Interessen der Mitversicherer eine Führungsprovision vereinbart, liegt ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB), sonst ein Auftrag (§ 662 BGB) vor.

  • Im Streitfall übernahm die Klägerin die sog. Führungsgeschäfte und erledigte hierbei die bei Begründung und Abwicklung der Mitversicherungsverträge anfallenden Verwaltungsaufgaben wie Besichtigungen, Berechnungen, Ausstellung des Versicherungsscheins, Einziehung der Prämien, Regulierung der Schäden und Ähnliches, wofür sie die sog. Führungsprovision bzw. laut Klägerin eine "Vorabprämie", d.h. einen bevorzugten Anteil von 1 bis 3% aus dem Versicherungsentgelt erhielt.

  • Die Klägerin hat daher gegenüber den Mitversicherern im Rahmen ihres Unternehmens jeweils eine steuerpflichtige sonstige Leistung gegen Entgelt ausgeführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG).

Anmerkung: Die Leistungen der Klägerin gegenüber den Mitversicherern waren nach Ansicht des BFH auch nicht von der Steuer befreit. Es handele es hier weder um Versicherungsumsätze i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG noch gemäß § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG um Leistungen aufgrund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des VersStG. Der BFH verneinte auch eine Nebenleistung zu der nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreien Hauptleistung der Klägerin. Schließlich sei die Klägerin mit ihren Führungsaufgaben auch nicht als Versicherungsmakler oder Versicherungsvertreter i.S. des § 4 Nr. 11 UStG und des Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG tätig geworden.
Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
FAAAF-09895